§ 35. Das Spiel der Philosophie

Dadurch wird die Unmöglichkeit einer Erkenntnis schlechthin zur Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis. Denn Erkenntnis als dasjenige, wonach die Philosophie strebt, ist immer Erkenntnis einer Eigengesetzlichkeit des Geistes oder einer Eigengesetzlichkeit der Welt, aber diese gehen in die Eigengesetzlichkeit des Lebens als einer Vermittlung von Geist und Welt ein, die als solche an ein schlechthin Unteilhaftiges grenzt. Die Philosophie hat mit dem Spiel gemein, dass sie nach Regeln spielt, die sie selbst formuliert. Etwas Wahres zu sagen, würde bedeuten, dass man nach den richtigen Regeln spielte, wobei solches sich darin kundtäte, dass die Regeln auf wundersame Weise mit den Gesetzen sich im Einklang zeigen. Wahrheit kann als ein solches Geschehen begreiflich werden.

§ 36. Das Gesetztsein des Gesetzes

In den Gesetzen tritt etwas hervor, aber auch dieses ist letzten Endes ein Gesetztes. Im Gesetztsein des Gesetzes zeigt sich seine ihm eigene Grundlosigkeit: dass alles durch diese Gesetze begründet ist, diese Gesetze aber durch nichts. So gesehen, tritt im Gesetztsein des Gesetzes das Göttliche ebenso hervor wie in dem schlechthin Unteilhaftigen, und zwar in Gestalt eines Willkürlichen, aus welchem heraus das Leben als etwas Geschaffenes, mithin Künstliches und Besonderes begreiflich wird.

§ 37. Das Leben als allumgreifendes Medium, die technischen Medien als Binnenmedien

Über das Leben als Medium kann zunächst Folgendes gesagt werden. Erstens, dass es eine Verhältnisform ist, aber nicht irgendeine, sondern jene, die allen übrigen Verhältnisformen zugrunde liegt, jene von Subjekt und Objekt, und zweitens, dass ihm die zweifache Bewegung des Dialektischen zugrunde liegt. Im Leben als dem allumgreifenden Medium gründet somit das Wesen des Medialen selbst als dasjenige, was allen technischen Medien erst die Möglichkeit verschafft, Medien zu sein: die Verhältnisform und die zweifache Bewegung des Dialektischen. Wie bereits angedeutet (§ 21), liegt die Bedeutung einer Wende zum Leben darin, alles, was innerhalb des Lebens erscheint, auf solches selbst, auf seine allgemeine Form hin als dem solcher Erscheinung Zugrundeliegenden zu untersuchen. Die vorangehenden Betrachtungen leisten genau dieses, denn sie geben eine Antwort auf die Frage, inwiefern das Leben die Grundlage für ein Begreifen dessen hergibt, was technische Medien als Medien sind.

§ 38. Der Charakter einer Verhältnisform als Einheit von dessen Gestalt und Umfang

Jedes Medium ist eine Verhältnisform und als eine Verhältnisform lässt sie sich charakterisieren. Die beiden maßgeblichen Kriterien, in welche sich die nachfolgende Methode einer Charakterisierung von Verhältnisformen gliedert, lassen sich kategorial als Kriterien der Qualität und Quantität begreifen, welche in der Verhältnisform jedoch insofern eine Einheit bilden, als Ersteres nicht ohne Letzteres, Letzteres nicht ohne Ersteres vorzustellen ist. Das erste Kriterium, dasjenige der Qualität, beschäftigt sich mit dem Ort, welchen die Verhältnisform zwischen Geist und Welt einnimmt, und bestimmt deren Gestalt aus dem Verhältnis, das die Verhältnisqualitäten des Wirklichen, Sinnlichen und Geistigen zueinander eingehen. Das zweite Kriterium, dasjenige der Quantität, beschäftigt sich mit dem Ort, welchen die Verhältnisform zwischen dem Allgemeinen und Besonderen einnimmt, und bestimmt deren Umfang. Folglich hat jede Verhältnisform sowohl eine Gestalt als auch einen Umfang und die Einheit dieser Größen bestimmt den Charakter einer Verhältnisform, mithin dessen Einzigartigkeit. Hiermit ist ein erstes, wenngleich primitives Werkzeug zur systematischen Beschreibung der bedeutsamsten formalen Eigenschaften bestehender Verhältnisformen an die Hand gegeben.

§ 39. Das Wirkliche, Sinnliche und Geistige als die elementaren Verhältnisqualitäten

Zum Kriterium der Qualität. Jeder Verhältnisform, ganz einerlei, welche Gestalt sie annimmt, kommen drei Verhältnisqualitäten zu. Ihren Ursprung haben diese Qualitäten in Geist und Welt als den ersten und letzten Bedingungen. Ich möchte diese drei elementaren Verhältnisqualitäten das Wirkliche, das Sinnliche und das Geistige nennen. Der Begriff des Geistigen lässt deutlich werden, dass diese Verhältnisqualität im Geist gründet, während das Wirkliche und das Sinnliche als eine Einheit gedacht werden müssen, die in der Welt gründet. Alle drei Qualitäten sind Qualitäten von Verhältnisformen. So wird das Sinnliche natürlich erst als Ergebnis eines Verhältnisses von Geist und Welt vorgestellt, das aber dennoch in der Welt, in der Gestalt, in der sie uns erscheint, gründet.