Medien im engeren Sinne nennt man Verhältnisformen mit wiederkehrendem und daher wiedererkennbarem Charakter. Dass dieser Charakter und hierdurch die Verhältnisform ins Bewusstsein treten, verdankt er seiner relativ stabilen Einheit von Eigenschaften. Ein Beispiel wäre das Bild, das durch seine visuelle Darstellung und seine Rahmung eine in unserer Kultur allgegenwärtige Verhältnisform ermöglicht. Man könnte sagen, dass der Begriff des Mediums dem Bemühen des Verstandes entspringt, in das Chaos der Verhältnisformen Ordnung zu bringen, indem er wiederkehrende Verhältnisformen zusammenfasst. Doch damit ist erst eines von mehreren Kriterien genannt, vermöge welcher sich das technische Medium als eine unverwechselbare Art von Verhältnisform charakterisieren lässt.
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§ 61. Zur Charakterisierung des technischen Mediums als einer unverwechselbaren Art von Verhältnisform
Weitere Kriterien sind der Ursprung, ob der Gegenstand, der der Verhältnisform zugrunde liegt, natürlichen oder künstlichen Ursprungs ist, dann die Gestalt und der Umfang der Verhältnisform selbst, ob die Verhältnisform ein abstraktes oder konkretes, ein allgemeines oder besonderes Gepräge aufweist. Das technische Medium zeichnet sich dadurch aus, dass der ihm zugrundeliegende Gegenstand künstlichen Ursprungs ist und dass seine Verhältnisform den Wandel vom Besonderen zum Allgemeinen, von der Abstraktion zur Konkretion markiert, die in der Reproduktion des Welthaften mündet und damit in der Nachahmung der allgemeinen Form des Lebens. Mit Hilfe dieser Kriterien sollte man jeden Begriff des Mediums, sei er enger oder weiter gefasst, klassifizieren können. Von Bedeutung ist, dass sich alle Medienbegriffe auf den allgemeinsten Medienbegriff, denjenigen der Verhältnisform, zurückführen lassen. Die Verhältnisform ist der Oberbegriff und bildet die Grundlage für alle weiteren, enger gefassten Medienbegriffe.
§ 62. Der Unterschied zwischen Gegenständen und Verhältnisformen
Artefakte sind das Werkzeug der Entdeckung, vermöge welcher der Möglichkeitsraum durchmessen wird, den Geist und Welt eröffnen. Artefakte sind keine Medien, sie sind nebst den natürlichen Gegenständen vielmehr dasjenige, was Medien als Verhältnisformen ermöglichen. Dies geschieht dadurch, dass sie den Gegenstand bereitstellen, zu welchen der Geist sich ins Verhältnis setzt. Die Welt stellt Gegenstände bereit, aber erst wenn der Geist zu diesen Gegenständen in ein Verhältnis tritt, kann man von einer Verhältnisform sprechen.
§ 63. Zur Dichte von Verhältnisformen
Auf Medien als Verhältnisformen kommt es bei der Entdeckung an, denn die Medien bestimmen die Form der Teilhaftigkeit. Was die Form der Teilhaftigkeit bestimmt, ist der Charakter, den ein Medium als Verhältnisform annimmt. Der Charakter eines Mediums wiederum wird bestimmt durch dessen Gestalt und Umfang. Tritt ein neues Medium hervor und setzt es sich durch, so kann man von dessen Verhältnisform zweierlei sagen: erstens, dass diese Verhältnisform die Verhältnisqualitäten in ein bisher nicht dagewesenes Verhältnis zueinandergesetzt und deren Potenzialität im Einzelnen neu definiert hat, zweitens, dass der Charakter dieser Verhältnisform eine Dichte aufweist, welcher sich ihre Durchsetzung verdankt. Diese Dichte kommt nicht jeder Verhältnisform zu, was sich beispielsweise daran zeigt, dass die Zahl etablierter Kunstformen überschaubar ist.
§ 64. Die Dichte einer Verhältnisform resultiert nicht aus deren Quantität
Wollte man eine neue Verhältnisform schaffen, so ist für deren Dichte nicht dadurch zu sorgen, dass man alle drei Verhältnisqualitäten mitsamt deren Verhältnispotenzialität zur vollen Entfaltung kommen lässt. So wird die Musik so sehr vom Sinnlichen dominiert, dass das Wirkliche und Geistige in den Hintergrund tritt, überdies macht sie sich einzig den Hörsinn zunutze. Wir wissen aber, dass diese Verhältnisform gleichwohl eine Dichte besitzt, weshalb sie neben der Malerei und der Literatur lange Zeit und mit Recht als eine von drei Kardinalkünsten galt. Deshalb lässt sich aus dem Umstand, dass die Zehnte Kunstform eine Kunstform ist, welche die Formbedingungen aller anderen Kunstformen unter sich begreift, in keinster Weise folgern, dass solche den anderen Kunstformen überlegen sei. Aber genauso wenig bedeutet es dessen Gegenteil. Der Wert einer Kunstform gründet allein in der Dichte ihrer Verhältnisform. Diese Dichte wiederum ist Resultat des einzigartigen Aufbaus der Verhältnisform, weshalb Verhältnisformen nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden können.