Ich will zwischen zwei Arten von Gegenständen unterscheiden: natürliche Gegenstände, die ihren Ursprung in der Natur haben und künstliche Gegenstände, die ihren Ursprung im Menschen haben. Der ausgezeichnete Status künstlicher Gegenstände, nachfolgend Artefakte genannt, besteht darin, dass sie sowohl herstellbar als auch formbar sind. Dass Artefakte herstellbar sind, bezeichnet den Umstand, dass sie in der Natur weder vorkommen noch dass die Natur sie herstellen kann: z.B. ein Bildwerk. Dass sie formbar sind, bezeichnet den Umstand, dass man ihnen als Artefakte eine Form geben kann, z.B. die eines konkreten oder eines abstrakten Bildwerks. Dadurch, dass Gegenstände herstellbar und formbar werden, ist dem Menschen ein Werkzeug an die Hand gegeben, Verhältnisformen Gestalt zu geben. Damit ist erkannt, worin die Bedeutung von Artefakten liegt: Artefakte sind das Werkzeug der Entdeckung, mit welchem der Möglichkeitsraum, den Geist und Welt eröffnen, durchmessen wird.
Date Archives → März 2012
§ 60. Das Medium im engeren Sinne als Substanzbegriff der Verhältnisform
Medien im engeren Sinne nennt man Verhältnisformen mit wiederkehrendem und daher wiedererkennbarem Charakter. Dass dieser Charakter und hierdurch die Verhältnisform ins Bewusstsein treten, verdankt er seiner relativ stabilen Einheit von Eigenschaften. Ein Beispiel wäre das Bild, das durch seine visuelle Darstellung und seine Rahmung eine in unserer Kultur allgegenwärtige Verhältnisform ermöglicht. Man könnte sagen, dass der Begriff des Mediums dem Bemühen des Verstandes entspringt, in das Chaos der Verhältnisformen Ordnung zu bringen, indem er wiederkehrende Verhältnisformen zusammenfasst. Doch damit ist erst eines von mehreren Kriterien genannt, vermöge welcher sich das technische Medium als eine unverwechselbare Art von Verhältnisform charakterisieren lässt.
§ 61. Zur Charakterisierung des technischen Mediums als einer unverwechselbaren Art von Verhältnisform
Weitere Kriterien sind der Ursprung, ob der Gegenstand, der der Verhältnisform zugrunde liegt, natürlichen oder künstlichen Ursprungs ist, dann die Gestalt und der Umfang der Verhältnisform selbst, ob die Verhältnisform ein abstraktes oder konkretes, ein allgemeines oder besonderes Gepräge aufweist. Das technische Medium zeichnet sich dadurch aus, dass der ihm zugrundeliegende Gegenstand künstlichen Ursprungs ist und dass seine Verhältnisform den Wandel vom Besonderen zum Allgemeinen, von der Abstraktion zur Konkretion markiert, die in der Reproduktion des Welthaften mündet und damit in der Nachahmung der allgemeinen Form des Lebens. Mit Hilfe dieser Kriterien sollte man jeden Begriff des Mediums, sei er enger oder weiter gefasst, klassifizieren können. Von Bedeutung ist, dass sich alle Medienbegriffe auf den allgemeinsten Medienbegriff, denjenigen der Verhältnisform, zurückführen lassen. Die Verhältnisform ist der Oberbegriff und bildet die Grundlage für alle weiteren, enger gefassten Medienbegriffe.
§ 62. Der Unterschied zwischen Gegenständen und Verhältnisformen
Artefakte sind das Werkzeug der Entdeckung, vermöge welcher der Möglichkeitsraum durchmessen wird, den Geist und Welt eröffnen. Artefakte sind keine Medien, sie sind nebst den natürlichen Gegenständen vielmehr dasjenige, was Medien als Verhältnisformen ermöglichen. Dies geschieht dadurch, dass sie den Gegenstand bereitstellen, zu welchen der Geist sich ins Verhältnis setzt. Die Welt stellt Gegenstände bereit, aber erst wenn der Geist zu diesen Gegenständen in ein Verhältnis tritt, kann man von einer Verhältnisform sprechen.
§ 63. Zur Dichte von Verhältnisformen
Auf Medien als Verhältnisformen kommt es bei der Entdeckung an, denn die Medien bestimmen die Form der Teilhaftigkeit. Was die Form der Teilhaftigkeit bestimmt, ist der Charakter, den ein Medium als Verhältnisform annimmt. Der Charakter eines Mediums wiederum wird bestimmt durch dessen Gestalt und Umfang. Tritt ein neues Medium hervor und setzt es sich durch, so kann man von dessen Verhältnisform zweierlei sagen: erstens, dass diese Verhältnisform die Verhältnisqualitäten in ein bisher nicht dagewesenes Verhältnis zueinandergesetzt und deren Potenzialität im Einzelnen neu definiert hat, zweitens, dass der Charakter dieser Verhältnisform eine Dichte aufweist, welcher sich ihre Durchsetzung verdankt. Diese Dichte kommt nicht jeder Verhältnisform zu, was sich beispielsweise daran zeigt, dass die Zahl etablierter Kunstformen überschaubar ist.