Wenn Augen Orgasmen haben könnten: VR-Film „Recombination“

Der VR-Film Recombination entführt in die faszinierende Welt der Fraktale, in 8K und 3D. Ich habe ihn mir angesehen und war überwältigt.

Der niederländische Fraktalkünstler Julius Horsthuis beschäftigt sich seit zehn Jahren mit den mathematischen Mustern. Für Ant-Man 3 wirkte er am Design mit und für Guillermo del Toros Cabinet of Curiosities entwarf er eine Filmsequenz.

Sein neuestes Werk ist ein „VR-Filmalbum“ für Meta Quest 2 und Meta Quest Pro. „Da ich erkannt habe, dass man meine Arbeit am besten genießen kann, wenn man in sie eintaucht, habe ich mit sieben meiner Lieblingsmusiker zusammengearbeitet, um eine abstrakte Reise durch Musik, Raum und Mathematik zu kreieren“, heißt es auf der offiziellen Webseite des Projekts.

Den Film erschien im März 2023 im App Lab und besteht aus acht vorgerenderten VR-Filmen mit eigens komponierter Musik und einer Gesamtlaufzeit von rund 45 Minuten. Gerendert wurde Recombination mithilfe der Fraktalsoftware Mandelbulb3D und einer Renderfarm binnen rund sechs Monaten.

Wer sich alle Videos anschauen möchte, muss 25 Gigabyte Video herunterladen. Eine Streaming-Möglichkeit gibt es nicht, weil Horsthuis keine Kompromisse bei der Bildqualität eingehen wollte. Die gute Nachricht ist, dass man die Filme in der VR-App auch einzeln herunterladen kann.

Fraktale in VR: eine explosive Kombination. | Bild: Julius Horsthuis

Die Fraktalfilme liegen in der Maximalauflösung für VR-Filme auf Meta Quest 2 vor: 8.192 mal 4.096 Bildpunkte. Ein stereoskopisches 180-Grad-Panorama sorgt für satte Immersion, ohne dass man sich beim Betrachten um die eigene Achse drehen muss. Man kann sich also bequem zurücklehnen und die Bilder auf sich wirken lassen.

Ich habe mir die VR-Filme angesehen und war überwältigt von ihrer Klang- und Bildgewalt. Organisch wirkende Strukturen wechseln sich ab mit pulsierenden Alien-Bauten und auch Kamerafahrten in sich unendlich wiederholende Formen, ein Charakteristikum von Fraktalen, fehlen nicht.

Manche Szenen erinnern an Sci-Fi-Filme von Christopher Nolan wie Inception (2010) und Interstellar (2014) und würden diesen Filmen zweifellos gut stehen. Recombination ist ein Fest für die Sinne, ein wahrhaft irrwitziger audiovisueller Trip, der noch dadurch verstärkt wird, dass er das Sichtfeld ausfüllt und es kein Entkommen gibt. Wer sich das VR-Album kauft, sollte gute Kopfhörer an die Meta Quest 2 anschließen. Die Bilder leben von der Musik und umgekehrt.

So beeindruckend Horsthuis‘ Fraktale auch sind: Die Kamera- und Schnittarbeit ist nicht ganz auf dem Niveau des Bildmaterials, wirkt zuweilen etwas beliebig oder nicht abgestimmt mit der Musik. Apropos Kamera: Recombination nimmt sich große Freiheiten heraus und manche Kamerafahrten könnten empfindlichen Menschen auf den Magen schlagen. Selbst ich als alter VR-Hase, dem so schnell nicht schlecht wird in VR, hatte manchmal Mühe. Objekte, die geradewegs durch einen hindurchfliegen, können ebenfalls ein mulmiges Gefühl hinterlassen. Und dann wäre da noch die Bildrate, die häufig einbricht und zu Nachziehern oder Strobo-Effekten führt, was die Freude an den Bild- und Klangwelten beträchtlich trübt.

Quest 2 ächzt spürbar unter der Last des hochauflösenden Videomaterials. „Es treibt die Hardware definitiv an ihre Grenzen“, schreibt mir Horsthuis. „Wir werden die Entwicklung auf jeden Fall fortsetzen und versuchen, eine geschmeidigere Darstellung zu erreichen.“

Eine Veröffentlichung auf Meta Quest TV schließt Horsthuis vorerst aus, weil es sich primär um eine Streaming-App handelt, keine Monetarisierungsmöglichkeit besteht und die Bildqualität nicht dem gewünschten Niveau entspricht. „Es darf nicht zu einem unscharfen Durcheinander werden, was vor allem bei hochdetaillierten Fraktalen schnell passieren kann“, sagt Horsthuis.

Und wie geht es weiter nach Recombination? Sollte die Nachfrage bestehen, dann könnte es für weitere VR-Plattformen erscheinen und etwa in Planetarien gezeigt werden.

„Aber ich bin auch von der Idee begeistert, diese VR-Plattform als Format für weitere immersive Fraktalfilme zu nutzen. Die Erstellung dieser acht Tracks hat viele weitere Ideen, Kollaborationen mit Musikkünstlern und fraktale Welten hervorgebracht, die ich gerne weiter erforschen würde. Wenn ausreichend Leute Spaß daran haben, würde ich gerne eine ganze Reihe mehr machen!“

Dieser Beitrag erschien am 25. März 2023 bei MIXED.