§ 49. Die zwei Formen der Auflösung des Dialektischen. Gabe und Empfängnis. Der Stein der Weisen

Zwei Gefahren drohen dem Leben als eine den Gesetzen des Dialektischen unterstehende Vermittlung von Geist und Welt: dass eine dieser Größen sich vollkommen durchsetzt und dass diese Größen in einem vollkommenen Gleichgewicht stehen. Deshalb gründet die Natur des Dialektischen in einer zweifachen Bewegung, die kein Ende kennt und sicherstellt, dass einmal Ersteres, einmal Letzteres dominiere. Dass ein vollkommenes Gleichgewicht dieser Größen ebenso gefährlich ist wie die vollkommene Durchsetzung einer dieser Größen, zeigt sich, wenn man sich mit der Natur der Bestimmung eines Seienden als dem Versuch befasst, jenes, wodurch ein Seiendes bestimmt ist, zu bestimmen. Eine solche Bestimmung besteht darin, etwas zu geben und etwas zu empfangen. Aber dasjenige, was man gibt, beruht immer schon auf etwas, das man empfangen hat, und dasjenige, was man empfängt, beruht immer schon auf etwas, das man bereits gegeben hat, so dass Gabe nicht schlechthin Gabe und Empfängnis nicht schlechthin Empfängnis ist, so dass man am Ende nicht einmal mehr sagen kann, was Gabe und was Empfängnis ist. Wir stürzen einem Grund entgegen und was uns dabei befällt, ist der Schrecken. Alle Fragen der Philosophie münden letzten Endes in diesen Grund: die Frage, ob Raum und Zeit im Geist oder in der Welt gründen oder die Frage nach jenem geheimnisumwitterten Ort, an welchem der Geist in Welt und die Welt in Geist übergeht. Letztere Frage ist die Frage nach dem Stein der Weisen, die Frage aller Fragen, deren Beantwortung deshalb unmöglich ist, weil Geist und Welt dort in eine undurchdringliche Einheit übergehen.