Das iPhone ist eine Sackgasse für Metas AR-Pläne

Metas erste richtige, AR-Brille, das Kernstück von Zuckerbergs Metaverse-Vision und eine Geräteklasse, die Metas CEO als „heiligen Gral“ bezeichnet, soll nach aktuellen Berichten 2026 auf den Markt kommen. Vorausgesetzt natürlich, dass technische Herausforderungen diese Pläne nicht vereiteln.

„Unsere Vision einer echten AR-Brille erfordert jahrelange Fortschritte bei der Entwicklung von schlankeren, leichteren, schnelleren und leistungsfähigeren Geräten, die gleichzeitig viel weniger Strom verbrauchen und weniger Wärme erzeugen“, sagte Metas Technikchef Andrew Bosworth kürzlich in einem Jahresrückblick. Er bestätigte, dass rund die Hälfte von Metas Metaverse-Investitionen in die Entwicklung der AR-Technik fließt.

Eine AR-Brille muss zum einen sehr leistungsfähig und viele Stunden durchhalten, auf der anderen Seite schlank und modisch sein. Mit gegenwärtigen Chips und Batterien lässt sich dieses Ziel nicht erreichen, weshalb die Hauptrecheneinheit höchstwahrscheinlich an eine externe Recheneinheit ausgegliedert wird. Ein Smartphone wäre prädestiniert für diese Aufgabe, schließlich handelt es sich um einen Taschencomputer.

Hier fangen die Probleme für Meta an. Das iPhone dominiert den Smartphone-Markt in den USA, aber kommt als Recheneinheit eher nicht infrage. Zumindest für Meta. Der Grund ist, dass Apple als Hersteller des iPhones privilegierten Zugriff auf Hardware und Schnittstellen hat und es Meta sehr schwierig machen kann, das Smartphone als externe Recheneinheit zu nutzen. Meta ist in dieser Hinsicht dem Wohlwollen Apples ausgeliefert. Wenn man bedenkt, dass der Konzern eine eigene AR-Brille in Entwicklung hat, kann man sich schon ausrechnen, wie entgegenkommend Apple sein wird. Egal, wie gut Metas AR-Brille wird, sie wird niemals so nahtlos mit iOS zusammenarbeiten wie Apples eigenes Produkt.

Dies legt auch der jüngste Bericht von The Information nahe, der beschreibt, wie Meta „monatelang versuchte“, die im September 2021 gestartete Videobrille Ray-Ban Stories, ein potenzieller Vorgänger von Metas AR-Brille, am iPhone zum Laufen zu bekommen. „Meta wollte, dass die mit der Brille aufgenommenen Fotos automatisch auf das Smartphone der Nutzer heruntergeladen werden, ohne dass diese die Meta-App öffnen müssen. Aber aufgrund der Funktionsweise der Apple-Software konnte das Team den automatischen Download nicht durchführen, wenn das Telefon inaktiv war. In letzter Minute musste Meta den Kurs ändern, was zu einem Chaos vor der Markteinführung des Produkts führte“, heißt es in dem Bericht.

Meine Ray-Ban Stories und mein iPhone SE. | Bild: Tomislav Bezmalinović

Ich besitze die Ray-Ban Stories und kann bestätigen, dass das Herunterladen von Bildern und Videos recht umständlich ist – oder zumindest eleganter gelöst sein könnte. Zuerst muss man Metas eigene Smartphone-App öffnen, dann auf die Bluetooth-Verbindung zwischen Brille und Smartphone warten (oder diese manuell initiieren) und anschließend das Herunterladen starten. Gäbe es die gleiche Ray-Ban Stories mit gleichem Funktionsumfang von Apple, bei der dieser Vorgang automatisiert wäre, würde ich wohl Apples Produkt kaufen. Und das ist nur ein Beispiel, wie Apple die Nutzung erleichtern könnte, um einen Wettbewerbsvorteil zu gewinnen.

The Information schreibt weiter, dass Meta versuchte, eine Smartwatch zu entwickeln, die als externe Recheneinheit taugte. Doch das erste von drei geplanten Geräten wurde dieses Jahres aufgegeben. Das Unternehmen arbeite außerdem an einem Taschencomputer, der die Form eines Smartphones hat, heißt es weiter. Doch auch hier kann man suggestiv fragen, was Konsumenten bevorzugen werden: eine AR-Brille, die sich bequem mit einem iPhone betreiben lässt oder eine AR-Brille, die zusätzlich zum iPhone eines weiteren Geräts bedarf. Metas AR-Brille wird das Smartphone nicht auf Anhieb ersetzen können.

Andrew Bosworth räumte dieses prinzipielle Problem Metas in einer Frage-und-Antwort-Runde bei Instagram ein. Mit großer Wahrscheinlichkeit und auf absehbare Zeit würden die ersten richtigen AR-Brillen eine externe Recheneinheit voraussetzen, meinte Metas Technikchef. Er fügte hinzu, dass Apples potenzieller Vorteil sei, dass Kunden bereits eine solchen bei sich haben und kein zusätzliches Gerät mit sich tragen müssen.

Letzten Endes will Meta aus Apples und Googles Ökosystem ausbrechen und eine eigene, neue Computerplattform begründen. Das ist Sinn und Zweck von Zuckerbergs großem Metaverse-Plan. Das Problem für Meta ist, dass dieser Übergang fließend ist: Die Menschheit wird nicht von einem Tag von Smartphones auf AR-Brillen wechseln. Erstere stellen das herrschende Computerparadigma dar und das dürfte noch lange so bleiben. Meta benötigt das Smartphone, um darüber in eine neue Computerplattform hinauszuwachsen. So gesehen ist Googles und Apple Ökosystem so etwas wie eine Leiter. Die Frage ist, ob sie Zuckerberg trägt – oder unter ihm zusammenbricht.

Dieser Beitrag erschien am 25. Dezember 2022 bei MIXED.

Valve nächste VR-Brille: Weshalb mich „Deckard“ kalt lässt

Seit Valve Index (2019) und Half-Life: Alyx (2020) ist es still geworden um Valves VR-Projekte. Keine neue Hardware, keine neuen Spiele: Das führte in den vergangenen Jahren dazu, dass SteamVR kaum mehr ins Bewusstsein der VR-Blase, geschweige denn das der spielenden Allgemeinheit dringt. Kein Wunder also, dass sich VR-Studios größtenteils von der PC-VR-Plattform abwenden. Die Gegenwart und nähere Zukunft gehört Meta Quest und Playstation VR 2.

Valves VR-Lethargie schlägt sich deutlich in den eigenen Nutzerstatistiken nieder: Der Anteil der SteamVR-Nutzer an der Steam-Gesamtnutzerschaft beträgt nach knapp sieben Jahren gerade mal 2 Prozent. Mit anderen Worten: PC-VR ist verschwindend klein und wird infolgedessen auch kaum mehr mit Software versorgt. Ein Teufelskreis.

Nun wird schon seit Längerem gemunkelt, dass Valve wieder ins VR-Geschäft einsteigen könnte. Patente, Code-Hinweise sowie Stellenausschreibungen heizen die Gerüchte um eine neue Initiative immer wieder an. Im September 2021 bestätigten unternehmensnahe Quellen, dass Valve an einem Prototyp mit Codenamen „Deckard“ arbeitet, dem der Hardware-Analyst und Youtuber Brad Lynch schon seit Längerem auf der Spur war. Das Gerät könnte, anders als Valve Index, komplett autark funktionieren und damit dem Trend der letzten Jahre hin zu mobilen VR-Spielkonsolen folgen.

Weniger als 2 Prozent der Steam-Nutzer haben eine VR-Brille an ihrem PC angeschlossen. | Quelle: Steam Hardware & Software Survey (Juli 2023).

Valve-Chef Gabe Newell selbst deutete Anfang 2022 an, dass sich die nächste VR-Hardware in Richtung einer VR-Version des Steam Deck bewegen könnte. „Wenn man das Ganze umdreht und [Steam Deck] als leistungsfähiges mobiles PC-Gaming-Gerät betrachtet, dann stellt sich Frage: Warum kann ich das nicht auch in Form einer integrierten, kabellosen VR-Lösung haben?“, meinte Newell damals gegenüber Eurogamer.

Keine Frage: Bei Valve ist etwas in der Mache. Doch das ist keine Überraschung und muss noch lange nicht heißen, dass zeitnah ein neues VR-Headset erscheint. Valve hat viel in Virtual Reality investiert und wird am Ball bleiben wollen, für den Fall, dass die Technologie doch noch aus der Nische herauskommt. Wie groß das Hardware-Team ist, das an Valve Deckard und anderen Prototypen arbeitet, wissen wir nicht.

Im ungünstigsten Fall handelt es sich um eine Handvoll VR-Enthusiasten, deren Projekte außerhalb dieser eingeschworenen Gruppe kaum Wirkung zeigen. Wer von Valves einzigartiger Unternehmensstruktur gehört hat, weiß, dass interne Projekte der kollektiven Unterstützung und Begeisterung bedürfen, um sich Hoffnung auf eine Markteinführung zu machen. Und dies ist nach Valves SteamVR-Fiasko eher fraglich. Die interne Aufmerksamkeit wird bis auf Weiteres auf das erfolgversprechendere Steam Deck gerichtet sein.

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Valve ist nicht willens, in die eigene VR-Plattform zu investieren. Ohne eine Auswahl guter VR-Spiele gibt es keinen Grund, sich „Deckard“ zu kaufen. | Bild: Valve

Noch schwerer als die Vergangenheit wiegt die Gegenwart und nähere Zukunft. Ich meine den Umstand, dass es für Valve derzeit sehr schwierig werden dürfte, signifikante Erfolge am VR-Markt zu erzielen. Meta dominiert den Markt für Standalone-Headsets. Ein gewichtiger Fakt, an dem sich Konkurrent Bytedance noch die Zähne ausbeißen und den Valve ganz sicher nicht herausfordern wird.

Valve ist ein reiches, aber kleines Unternehmen. Es wartet auf eine Gelegenheit, mit möglichst geringem Aufwand eine möglichst große Wirkung zu erzielen. Dauerhafte und kostspielige Investitionen in Virtual Reality, wie sie Meta tätigt, passen nicht zu Valve. Nehmen wir an, Valve würde 2023 oder 2024 tatsächlich eine autarke VR-Brille herausbringen. Welche Inhalte darf man für das Gerät erwarten? Bestenfalls ein neues Valve-Spiel, schlimmstenfalls VR-Klassiker aus 2016 und Half-Life: Alyx in mobiler Grafik.

In jedem Fall wird es das Gerät schwer haben, weil Valve nicht willens ist, im großen Stil in Plattform und Entwickler zu investieren. Darin unterscheidet sich das Unternehmen von anderen Akteuren der Gaming-Industrie wie Sony, Microsoft und Meta. Die letzten sieben Jahre SteamVR beweisen das hinlänglich.

Die Zeit für Deckard ist noch nicht gekommen. Jedenfalls sehe ich keine Lücke, die das Headset schließen könnte, keine Bedarfe, die es befriedigen könnte, außer, dass es ein Gerät von Valve ist. So gesehen hätte das Unternehmen mehr zu verlieren, als zu gewinnen.

Dieser Beitrag erschien am 18. Dezember 2022 bei MIXED.

Metas große Metaverse-Wette: Ist Zuckerberg zu früh dran?

Meta steckt in der größten Krise seines 18-jährigen Bestehens. Der Wert des Unternehmens fiel im vergangenen Jahr um 70 Prozent. Vergangene Woche entließ Mark Zuckerberg 11.000 Angestellte. Weitere Sparmaßnahmen und Stellenkürzungen dürften folgen, falls Metas Situation sich nicht verbessert.

Die Gründe für den Absturz sind mannigfaltig: Die schwächelnde Weltwirtschaft, Apples Anti-Tracking-Maßnahme und die starke TikTok-Konkurrenz drücken aufs Anzeigengeschäft. Zudem wachsen die Nutzerzahlen von Facebook, Instagram und WhatsApp längst nicht mehr so wie in den Anfangsjahren. Und dann wäre da noch das gigantische Metaverse-Projekt, das jedes Jahr zweistellige Milliardenbeträge verschlingt und erst ab der nächsten Dekade Profit abwerfen soll.

Metas Probleme sind nicht aufs Zuckerbergs kostspielige und für viele Menschen schwer nachvollziehbare Metaverse-Obsession beschränkt. Aber die höchst riskante Wette kommt zu einem denkbar ungünstigen Moment, in dem das Unternehmen an vielen anderen Fronten gleichzeitig zu kämpfen hat. „Der Druck, dem sich Metas Geschäft im Jahr 2022 gegenübersieht, ist akut, signifikant und hat nichts mit dem Metaverse zu tun“, sagte der Metaverse-Fürsprecher und Investor Matthew Ball vergangenen Monat gegenüber der New York Times.

Das mag etwas übertrieben sein, schließlich begann die Talfahrt von Metas Aktie schon kurz nach der Umbenennung Facebooks in Meta und bevor das Unternehmen Anfang 2022 katastrophale Quartalszahlen offenlegte. Aber Balls Pointe ist eine andere: dass Meta nicht nur den falschen Zeitpunkt wählte, sondern schlicht zu früh dran sein könnte. „Es besteht das Risiko, dass fast alles, was Mark über das Metaverse gesagt hat, richtig ist, außer dass der Zeitpunkt weiter entfernt ist, als er sich vorgestellt hat.“

Zuckerberg sieht in VR-Telefonie eine Killer-App der Virtual Reality. Bis diese Technologie produktreif ist, könnten noch viele Jahre vergehen. Das Bild zeigt Zuckerbergs Codec-Avatar. | Bild: Meta

Das klingt wie der Klappentext eines Geschichtswerks, das die VR- und AR-Industrie der letzten zehn Jahre beschreibt. Wer die Branche in dieser Zeit mitverfolgt hat, weiß: Die Technologie entwickelt sich blitzschnell und zugleich zermürbend langsam. Virtual Reality konnte erste Verkaufserfolge verzeichnen, aber ob viele Menschen ihre Headsets regelmäßig aufsetzen, ist zumindest fraglich. Das liegt auch am Formfaktor, der zehn Jahre (!) nach Beginn dieser VR-Welle zwar endlich Fortschritte macht, aber längst nicht optimal ist.

Und wie steht es um Augmented Reality? Die Schwestertechnologie hat sich trotz ihres gebetsmühlenartig wiederholten Riesenpotenzials bislang kaum in Alltagsgeräten manifestiert, Smartphone-AR außen vor. Seit der Enthüllung von Google Glass sind zehn Jahre vergangen, aber die massentaugliche AR-Brille bleibt mythisch, das heißt: Sie wird jedes Jahr um ein paar Jahre hinausgeschoben.

Wie sich die beiden Technologien auch entwickeln mögen: Ich bin immer stärker davon überzeugt, dass VR und AR in einem früheren Entwicklungsstadium stecken, als die meisten Beobachter annehmen und dass, trotz alledem, was bislang geschah, noch viel mehr geschehen muss, bis sie aus ihren Anfängen herauswachsen. Zumindest, wenn die Entwicklung weiterhin so linear verläuft wie in den vergangenen zehn Jahren. Dass Virtual Reality erst in 15 bis 20 Jahren Reife erlangt und Augmented Reality erst in 20 bis 30 Jahren ihr Potenzial entfaltet. Wäre dem tatsächlich so, muss man sich Gedanken machen, welche Konsequenzen dies für die Industrie hätte.

Wie viele hervorragende Ideen und Start-ups gab es um das Hype-Jahr 2016 oder früher in der VR-Geschichte, die zu einem guten Teil daran scheiterten, dass die Technologie nicht ausgereift war. „Sie waren ihrer Zeit voraus.“ Ja, aber das ist ein schwacher Trost – und ein beunruhigender Gedanke für Mark Zuckerberg.

Dieser Beitrag erschien am 20. November 2022 bei MIXED.

Playstation VR 2: Warum so zaghaft, Sony?

In wenigen Monaten erscheint Playstation VR 2 und die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Launch könnten gleich in mehrfacher Hinsicht besser sein.

Da wäre zum einen das schwache Spiele-Lineup. Horizon Call of the Mountain ist Sonys einziger First-Party-Titel und der einzige, der genug Strahlkraft hat, um Begehrlichkeiten seitens Spielern zu wecken, die sich nur am Rande oder gar nicht mit Virtual Reality beschäftigen. Abgesehen vielleicht von Resident Evil Village VR, dessen 2D-Original schon vor eineinhalb Jahren erschien und das die meisten Fans durchgespielt haben dürften. Hinzu kommen eine Handvoll exklusiver Titel wie The Dark Pictures: Switchback und Crossfire: Sierra Squad sowie ältere und für andere Plattformen erhältliche VR-Spiele, darunter grafisch leicht aufgemotzte Portierungen von Meta-Quest-Titeln. Also nichts, das VR-Zweifler hinter dem Ofen hervorholen könnte.

Schwach wirkt auch Sonys Marketing. Playstation VR 2 wurde seit Februar 2021 tröpfchenweise und ohne großes Tamtam in unspektakulären Blogposts enthüllt. Das erweckt den Eindruck, als machte sich Sony nicht besonders viel aus dem Gerät. Das Zeitfenster des Marktstarts ist ebenfalls alles andere als optimal: Weshalb erscheint Playstation VR 2 direkt nach dem Weihnachtsgeschäft und nicht davor? Wäre es nicht klüger gewesen, bis zum nächsten Weihnachtsgeschäft zu warten, um mit mehr und größeren Spielen zu launchen? Für das größte Stirnrunzeln sorgt jedoch der Preis: Mit 599,99 Euro kostet das VR-Zubehör mehr als die Konsole selbst, was die Kaufreflex noch am stärksten hemmen dürfte. Die genauen Herstellungskosten kennen wir nicht. Aber der hohe Preis legt nahe, dass Sony nicht bereit ist, eine aggressive Quersubventionierung in die Waagschale zu werfen.

Sony Herangehensweise wirft viele Fragen auf, auf die ich mir folgenden Reim mache: Das Unternehmen gibt sich keinen Illusionen hin und erwartet gar nicht erst, dass Playstation VR 2 ein Verkaufsschlager wird. Selbst mit einer Vielzahl großer VR-Titel, Bombast-Marketing und einem vergleichsweise günstigen Preis.

Sony hat keine Absicht, aufs Ganze zu gehen. Was heißen würde, im Stile Metas Unsummen für exklusive VR-Spiele und Dumping-Preise aufzuwenden, ohne Aussicht darauf, diese Investitionen zeitnah wieder hereinzuholen. Der Erfolg von Virtual Reality lässt sich nicht erzwingen oder künstlich beschleunigen. Das Medium muss organisch wachsen, auch wenn dies bedeutet, dass es wesentlich länger braucht als gedacht. Die Technologie hat eine gewisse Reife erlangt und wird sich mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln beweisen und tragen müssen – oder wieder in der Versenkung verschwinden.

Dies gilt auch für Playstation VR 2, die technisch absolut das Zeug hat, erfolgreich zu sein. Das VR-System ist im Gegensatz zur ersten Playstation VR grundsolide und zukunftssicher. Das Fundament ist gelegt, und bis zum Weihnachtsgeschäft 2023 Sony bleibt noch etwas Zeit, um die Software-Bibliothek aufzubauen, das eine oder andere große VR-Spiel anzukündigen und womöglich den Preis zu senken.

Ein riesiger Hit wird sie selbst dann nicht und Sony wird das einkalkulieren. Erfolg wird sich für Sony, gerade im Hinblick auf die langfristige Entwicklung der VR, anders bemessen als durch sagenhaften Umsatz: dadurch, wie oft, wie lange und wie gerne die eigene Kundschaft Playstation VR 2 im Vergleich zur ersten Playstation VR nutzt und ob die Kosten für Forschung, Entwicklung und Herstellung hereingeholt wurden. Solange Playstation VR 2 kein absoluter Flop wird und die VR-Industrie in den nächsten fünf Jahren nicht gänzlich zusammenbricht, dann, denke ich, wird Sony eine Playstation VR 3 bringen. Weil das Unternehmen auf einen Langzeiterfolg der Technologie spekuliert.

Das zeigen Sonys Investitionen in VR-Displays und Sensortechnik, die eines Tages in anderen, breiter aufgestellten Sony-Produkten Eingang finden könnten. Playstation VR wäre demnach nur der Anfang von Sonys VR-Initiative, die vorerst auf Gaming beschränkt ist und sich in Zukunft diversifizieren könnte, wie die Headsets selbst, die nicht mehr nur der Unterhaltung dienen werden.

Dieser Beitrag erschien am 17. November 2022 bei MIXED.

Meta Quest Pro: Mehr Schein als Sein

Meta Quest Pro ist seit mehr als zwei Wochen im Handel erhältlich. In dieser Zeit habe ich viel über das Gerät gehört, gelesen und gesehen. In zahlreichen Tests, bei Twitter und Youtube und von Bekannten, die das Headset gekauft und ausprobiert haben. Der folgende Artikel ist eine wertende Einordnung der Meta Quest Pro auf Basis all dessen, was ich in Erfahrung bringen konnte und bezieht sich auf den Zustand, in dem sich das Gerät zum Marktstart befindet.

Fangen wir mit den Missverständnissen an und arbeiten uns vor zum Kern der Sache.

Was Meta Quest Pro nicht ist
  • Ein Gerät für Profis und Unternehmen: Dass Meta Quest Pro nichts für Endverbraucher ist, versteht sich von selbst. Das Headset kostet 1.800 Euro. Überraschender ist, dass Meta Quest Pro auch Profis und Unternehmen nur wenig Substanzielles bietet und wichtige Features vermissen lässt. Das fängt bei der nur graduell verbesserten Hardware an und hört bei den nicht existenten Dienstleistungen und Apps für Geschäftskunden auf. Meta Quest for Business und Windows-Apps? Die kommen irgendwann nächstes Jahr. Das ist erstaunlich inkonsequent für ein Gerät, das sich an Geschäftskunden richtet. HTC und Pico machen das besser mit ihren B2B-Geräten.
  • Ein fortschrittliches Mixed-Reality-Headset: Auch hier hat Meta seine Hausaufgaben nur zur Hälfte erledigt. Ja, Meta Quest Pro unterstützt stereoskopische Mixed Reality und Farbe, aber ansonsten fällt die Technologie komplett durch: Man sieht weder scharf in die Ferne noch erkennt man, was das Smartphone-Display anzeigt. Und dank gestrichenem Tiefensensor muss man Räume und Objekte in der Umgebung von Hand einzeichnen, was so umständlich, dass sich niemand die Mühe machen wird. Selbst ein neueres iPhone- oder Android-Smartphone kann bessere Mixed Reality als Meta Quest Pro.
  • Ein brauchbarer Arbeitscomputer: Weder Hard- noch Software ist ausgereift für alltägliche Produktivität. Aufseiten der Hardware hapert es an der Auflösung, an der Batterielaufzeit (1-2 Stunden!), an der Rechenleistung und einem reibungslosen Interface. Aufseiten der Software fehlen schlicht die nötigen Produktiv-Apps. Zudem ist das Betriebssystem nicht ausgelegt für echtes Multitasking oder schnellen Zugriff auf Arbeitsfunktionen.
Was Meta Quest Pro wirklich ist
  • Ein Developer Kit: Meta Quest Pro existiert in erster Linie, damit Entwickler neue Technologien (Mixed Reality, Gesichts- und Blickverfolgung) ausprobieren und erste Apps entwickeln können, insbesondere für Meta Quest 3.
  • Ein Beta-Gerät und eine Experimentierplattform für Hard- und Software: Meta Quest Pro macht den Eindruck eines experimentellen und unfertigen Headsets. Warum? Weil es ein experimentelles und unfertiges Headset ist. Meta Quest Pro ist ein Developer Kit für Entwickelnde, aber ebenso für Meta selbst. Hiermit erforscht und legt das Unternehmen das Fundament für neue Hardware und Schnittstellen, von denen es selbst nicht weiß, wie sie sich auswirken werden.
  • Eine Subventionshilfe: Wir wissen nicht, wie teuer Meta Quest Pro in der Herstellung ist, aber zu diesem Preis dürfte Meta gute Margen fahren. Die zusätzlichen Einnahmen dürften die verlangsamten Verkäufe von Meta Quest 2 auffangen, und was noch wichtiger ist: in die Subvention der Meta Quest 3 fließen. Man könnte also sagen, dass Meta Unternehmen, Profis, Entwickler und Enthusiasten Meta Quest 3 mitfinanzieren lässt.
  • Ein Lieferkettenkatalysator: Zu guter Letzt hat Meta Quest Pro die Aufgabe, Lieferketten für kommende Headsets, insbesondere Meta Quest 3, zu etablieren. So kommen etwa die Pancake-Linsen der Pro in diesem Headset zum Einsatz. Stehen die Lieferketten erst einmal, kann Meta besser skalieren und günstiger produzieren.
Fazit und Ausblick

Meta Quest Pro ist ein schwer definierbares Headset. Weil es unfertig und ein Experiment ist, das gefühlt noch in der Betaphase steckt. In Meta Quest Pro drückt sich eher ein Wunsch als Wirklichkeit aus.

Der Grund ist leicht zu finden: Wir erleben gerade die Morgenstunden der Mixed-Reality-Ära und Produktivität. Meta weiß das. In einem Interview sagte Mark Zuckerberg, dass Meta Quest Pro nur die erste Version eines VR-Arbeitsgeräts sei, das erst mit Version 4 oder 5 voll ausgereift sein werde. Wenn alle zwei Jahre eine neue Meta Quest Pro erscheint, dann wäre das in acht bis zehn Jahren.

Man sollte sich also keinen Illusionen hingeben: Die erste Version der Meta Quest Pro existiert größtenteils wegen Meta Quest 3. Sie ist eine Brückentechnologie, die das Fundament für folgende Hardware-Generationen legt und wird schon im nächsten Jahr größtenteils veraltet sein.

Dieser Beitrag erschien am 13. November 2022 bei MIXED.