Weshalb Virtual Reality nicht Virtual Reality ist – und das gut ist

Virtual Reality hat viele Einschränkungen und sie haben fast alle damit zu tun, dass Virtual Reality gar nicht Virtual Reality ist. In Wirklichkeit ist sie nur zu Teilen virtuell: Man denke an den eigenen Körper und den physischen Raum, der uns umgibt und daran hindert, dass wir uns frei durch virtuelle Welten bewegen. Die Sci-Fi-Vorstellungen eines vollkommenen sensorischen Eintauchens: Mit heutiger Technologie haben sie nicht viel zu tun.

Die ermöglicht eher eine Mixed Reality: Während man sich in sie begibt, trägt man stets zwei Realitäten Rechnung, der digitalen und physischen und ist in keiner ganz zu Hause. Das ist eine grundlegende und unvermeidbare Gegebenheit der Technologie.

Als der jüngste Hype um Virtual Reality ins Rollen kam, sprachen viele von der Matrix als Endziel. Knapp zehn Jahre tragen wir noch immer einen wuchtigen Computer im Gesicht, der uns visuell und klanglich suggeriert, wir wären woanders, während wir in Wirklichkeit in der eigenen Wohnung herumspringen.

Oculus_Quest_Spieler

Nun glauben manche Leute, dass sich die Lücke zwischen der physischen und digitalen Welt nach und nach schließen wird. Es braucht nur bessere Riechmasken, Haptikanzüge und Laufmaschinen und schon sind wir in der Matrix angekommen. Doch Berge an technischem Schnickschnack werden nichts daran ändern, dass wir Teil der physischen Realität sind und der menschliche Wahrnehmungsapparat sich nicht so einfach austricksen und durch eine Computersimulation ersetzen lässt.

Jedenfalls nicht mit analoger Technik. Die reicht für eine Annäherung an eine alternative Realität, ein Guckloch in fremde Welten. Totale Suggestion wäre wohl nur mit einer Hirnschnittstelle denkbar und die ist und bleibt Science-Fiction. Definiert man Virtual Reality als vollkommenes sensorisches Eintauchen, dann muss Technologie zwangsläufig hinter diese Sci-Fi-Vorstellung zurückfallen – und enttäuschen.

Man kann sie aber auch mit einem bescheideneren Anspruch versehen und anders verstehen, zum Beispiel als ein Medium, das den Körper einbezieht und zwar weit über das Maß anderer technischen Medien hinaus. Von dieser Warte aus betrachtet, ist die Verwurzelung der Virtual Reality in der physischen Welt als eine Stärke und Neuheit und weniger als technische Einschränkung begriffen. Als Körpermedium aufgefasst, trägt sie nicht nur zur Gesundheit bei. Sie ermöglicht auch neue, noch unbekannte Formen des Ausdrucks und des Erlebens, ohne die Erfordernis, sich unseres Körpers und der physischen Welt zu entledigen.

Dieser Beitrag erschien am 28. Juni 2020 bei MIXED und wurde für dieses Blog überarbeitet.