Sieben oder mehr Jahre arbeitete Apple im Geheimen an räumlichen Computern. Im Juni wurden die Früchte dieser Arbeit der Öffentlichkeit vorgestellt: Apple Vision Pro.
Eine der kontroversesten Design-Entscheidungen Apples war, die Batterie auszulagern, um Formfaktor, Gewicht und Wärmeentwicklung zu reduzieren. Der Nachteil ist, dass man das Headset per Kabel ans Netz anschließen oder einen Akku mit sich herumtragen muss. Eine Notlösung, die Apple-untypisch ist und von Meta jetzt genüsslich ausgeschlachtet wird.
Metas Quest-Headsets haben seit jeher alle Elektronik im Gehäuse verbaut. Ein Umstand, auf den CEO Mark Zuckerberg und CTO Andrew Bosworth bei der Vorstellung der Meta Quest 3 von vergangener Woche hinwiesen, mit den Worten, dass das Gerät vollkommen autark sei und keine Kabel oder externe Batterie benötige. Ein klarer Seitenhieb auf Apple.
Die beiden Unternehmen verfolgen die gleiche Gerätekategorie, aber mit sehr unterschiedlichen Produkt-, Markt- und Werbestrategien. Meta will möglichst viele Headsets unter die Leute bringen und peilt das beste Preis-Leistungs-Verhältnis an, während Apple die bestmögliche Nutzererfahrung im Auge hat und Preise aufruft, die für die meisten Menschen unerschwinglich sind. Meta Quest 3 kostet 500 US-Dollar, Vision Pro 3.500 US-Dollar.
Vision Pro leistet allerdings auch mehr und das in mehrfacher Hinsicht. Meta Quest 3 ist primär eine VR-Spielkonsole, Vision Pro ein eigenständiger Computer mit M2-Prozessor, der in Apples Ökosystem integriert ist. Hier klaffen Welten auseinander. Auf der anderen Seite wird Vision Pro nur bedingt für komplexere VR-Spiele geeignet sein, da es keine Controller unterstützt.
Auch bei der Vermarktung gibt es große Unterschiede: Meta bewirbt Virtual Reality als körperlich aktives Medium, während die Menschen in Apples Werbung meistens bewegungslos in sterilen Räumen sitzen und Mikrogesten mit den Händen machen. Eine ganz andere, nüchternere und langweiligere Vision des Mediums.
Zuckerberg und Bosworth geben sich derweil unbeeindruckt von Apple Vision Pro. In einem Interview mit The Verge sagte Zuckerberg, dass das Produkt keine völlig neue Erkenntnis oder einen Durchbruch gebracht hätte, der Metas Bemühung zunichtegemacht und die Forschungsabteilung gezwungen hätte, zurück ans Reißbrett zu gehen. Er wolle das Produkt jedoch nicht abtun, „schließlich sei Apple sehr gut in solchen Sachen“. Bosworth wiederum meinte recht überheblich, dass er eine Vision Pro bauen könne, aber nicht wolle.
Würde man mich fragen, welche Strategie ich aktuell überzeugender und vielversprechender finde, dann würde ich Meta nennen. Vision Pro könnte in der dritten oder vierten Generation als Macbook-Ersatz taugen, sofern es Apple gelingt, den Formfaktor, das Gewicht und den Preis deutlich zu reduzieren. Meta Quest hingegen kann schon heute Millionen von Menschen erreichen und Entwickler ins Ökosystem holen, die mit der App-Entwicklung ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Das ist überlebenswichtig für die Technologie. Dennoch braucht es beide Ansätze: erschwingliche Headsets und Headsets, die die Grenzen des Möglichen verschieben, falls nötig zu einem hohen Preis.
Müssen Headsets erst etwas werden, das alle haben wollen, bevor sie zu etwas werden, das sich alle leisten können, wie Oculus-Gründer Palmer Luckey meinte? Das werden wir sehen. Womöglich treffen sich Metas und Apples Headsets eines Tages in der Mitte. Die Unternehmen sind Konkurrenten und Verbündete zugleich und arbeiten dem gleichen Ziel zu: eine Zukunft für räumliche Computer zu schaffen.
Dieser Beitrag erschien am 5. Oktober 2023 bei MIXED.