Fotogrammetrie: Künstlerin macht “Shining” begehbar

Bei der Fotogrammetrie wird aus zusammenhängenden Einzelfotografien eines Objekts oder Raums ein 3D-Modell desselben berechnet wird. So entstehen fotorealistische digitale Duplikate physischer Gegenstände oder Orte.

Die US-Künstlerin Claire Hentschker verfolgt ein anderes Ziel: Sie rekonstruiert per Fotogrammetrie Räume, die nicht oder nicht mehr existieren. „Als ich jünger war, liebte ich es, wenn ein Buch eine Karte besaß, auf der das imaginäre Land der Geschichte eingezeichnet war. Das hat mir gezeigt, dass Werkzeuge, mit denen wir unsere Welt zu verstehen versuchen, genutzt werden können, um irreale Orte zu erkunden“, sagt Hentschker.

Hentschker arbeitet in einer Abteilung der Carnegie Mellon University, die sich mit neuen Formen der Kunst beschäftigt. Während neun Monaten ließ sie die dortigen Computer in Nacht aus unzähligen Einzelbildern von Kubricks Film 3D-Modelle von Räumen des fiktiven Overlook-Hotels berechnen.

Shining360

Das Overlook-Hotel in Hentschkers 3D-Rekonstruktion. | Bild: Claire Hentschker

Aus den 3D-Modellen erstellte sie ein 30-minütiges 360-Grad-Video mit dem Titel Shining 360. Die Kamerafahrten entsprechen denen des Films, mit dem Unterschied, dass sich der Zuschauer frei umsehen kann. So erlebt man die Räumlichkeiten des Films auf eine neue Weise.

Hentschker arbeitet bereits seit Jahren mit Fotogrammetrie, um Orte einzufangen, die nicht mehr existieren. Für ihre neuere Arbeit “Merch Mulch” nutzt sie gesammeltes Bild- und Filmmaterial von Privatpersonen, um ein altes, nicht mehr genutztes Einkaufszentrum zu rekonstruieren. Das daraus kreierte 360-Grad-Video ist ein faszinierendes digitales Artefakt. “Es ist, als würde man in die Erinnerung anderer Menschen hineinschauen”, sagt Hentschker.

Dieser Beitrag erschien am 26. November 2017 bei MIXED und wurde für dieses Blog überarbeitet.