Ich habe dieser Tage eine neue Beschäftigung gefunden, die ich als beglückend empfinde: Ich setze mich abends mit meiner Meta Quest 2 hin und stelle im Raum schwebende Puzzlesteine zu geometrischen Figuren zusammen. Dazu erklingt klassische Klaviermusik.
Die Puzzlesteine erscheinen nicht auf dem Fernseher, meinem Smartphone oder in einer virtuellen Welt. Nein, sie schweben im Wohnzimmer direkt vor mir. Und ich kann sie mit den eigenen Händen und Fingern greifen und bewegen. Controller oder Gamepads? Überflüssig. Gerät ein Stein außer Reichweite, ziehe ich ihn mit einer einfachen Geste zu mir heran, so lässig wie ein Jedi aus Star Wars.
Mit seinem neuen AR-Modus und dem geschmeidigen Handtracking zeigt Cubism wie kein anderes Spiel, was die Zukunft der Augmented Reality bereithält, gerade wegen seiner Schlichtheit und Eleganz und dem Umstand, dass es sich so wunderbar ins alltägliche Leben fügt.
Cubism holt nicht die physische Umgebung ins Spiel, es bringt das Spiel in die physische Umgebung. Und mein Hirn akzeptiert diese Illusion einer digital erweiterten Realität bereitwillig und ohne Anstrengung, selbst mit dem grobkörnigen Schwarzweiß-Kamerabild der Meta Quest 2.
Heutzutage muss man sich für eine solche Erfahrung eine wuchtige VR-Brille aufsetzen, doch entsprechende Geräte werden schon bald leichter, bequemer und leistungsfähiger sein. Gelingt es Meta, Apple und Microsoft, die Technologie weiter zu miniaturisieren, könnte sie in dieser oder ähnlicher Form alltäglich werden.
Cubism ist natürlich erst der Anfang, ein schmales Fenster in die Zukunft der Augmented Reality. Seine erstaunliche Effektivität wirft die Frage auf, wohin die Technologie uns eines Tages führen könnte.
Vom Smartphone sagt man, dass es Superkräfte verleiht. Wir können von überall aus und jederzeit auf das gesamte menschliche Wissen zugreifen, uns mit Menschen verbinden und unterhalten, die auf der anderen Seite der Erdkugel leben und navigieren zielsicher an jeden Bestimmungsort. Kein Wunder, tragen wir diese Geräte ständig mit uns herum und fühlen uns hilflos, wenn sie uns abhandenkommen.
Augmented Reality könnte diese Superkräfte potenzieren, aber damit auch die Abhängigkeit von Technologie. Werden wir uns unserer Möglichkeiten beraubt fühlen, wenn wir die AR-Brille zu Hause vergessen oder verlegen und die pure physische Realität als grau und trostlos empfinden?
Eine beunruhigende Frage und Vorstellung, die so alt ist wie die Science-Fiction, aber längst nicht mehr so unwirklich und futuristisch, wie wir glauben.
Dieser Beitrag erschien am 30. Januar 2022 bei MIXED.