2016 wurde aus einem jahrzehntealten Tech-Versprechen Wirklichkeit: Man konnte in ein Geschäft gehen und sich eine VR-Brille kaufen, die gute Technik zu einem annehmbaren Preis bietet. Virtual Reality war keine exorbitant teure Technologie mehr, die Forschungseinrichtungen und dem Militär vorbehalten war. Die moderne VR-Zeitrechnung hatte begonnen.
Aus den Regalen gerissen wurden sie dennoch nicht, die Oculus Rift, HTC Vive und Playstation VR. Im Gegenteil. Groß war die Skepsis gegenüber der neuen Technologie, und für viele war sie immer noch zu umständlich und teuer für das, was sie letzten Endes bot: eine Handvoll VR-Spiele neben vieler Tech-Demos und kurzen Erfahrungen.
Doch in den letzten fünf Jahren hat sich viel getan. Virtual Reality ist weder in der Versenkung verschwunden, noch ist sie allgegenwärtig geworden. Sie hat still und heimlich die Grundlagen für kommende Erfolge gelegt und ist heute weitaus besser für die Zukunft aufgestellt als 2016. Diese fünf wichtigen Meilensteine auf dem Weg in den Mainstream hat Virtual Reality in den letzten fünf Jahren erreicht.
1. Kompakte, zugängliche und erschwingliche VR-Technik
Vorbei sind die Zeiten, in denen man Kabel durch die Wohnung verlegen und Sensoren an den Wänden installieren musste oder einen leistungsstarken Rechner brauchte, um Virtual Reality zu erfahren. Mit Oculus Quest erschien 2019 die erste autarke VR-Brille für Endverbraucher. Sie hat Sensoren und Recheneinheit integriert, kommt ohne Kabel aus und lässt sich ruckzuck einrichten. Damit vereinfachte die VR-Brille den Zugang zu Virtual Reality enorm.
Ende 2020 legte Facebook nach und brachte Oculus Quest 2 auf den Markt, die mehr Leistung für weniger Geld bietet: Der Einstieg in das neue Medium war noch nie so günstig. Mit einer Kombination aus autarkem Formfaktor, niedrigem Preis und kuratiertem App-Store schuf Facebook die Grundlagen für den Mainstream-Erfolg des VR-Gamings und erzielt damit erste Erfolge: Oculus Quest 2 verkauft sich als besser als alle anderen Oculus-Brille zusammen und erfolgreiche Entwickler können von ihren App-Verkäufen leben.
Mit kommenden Features wie optischem Handtracking, drahtlosem PC-VR-Streaming und einem hochwertigen AR-Modus könnte die Technik in den kommenden Jahren noch attraktiver und zugänglicher werden für die Masse. Was die Industrie jetzt braucht, sind Hersteller, die Facebook Paroli bieten und für mehr Wettbewerb sorgen. Denn bislang ist Oculus Quest einzigartig.
2. Ein gereiftes Ökosystem
Die VR-Industrie hat eine passionierte und experimentierfreudige Entwicklergemeinschaft, die ungeachtet der Rückschläge der letzten Jahre weiter in die Technologie investiert hat. Aus der Begeisterung für das neue Medium gingen VR-Spiele wie Beat Saber, Superhot VR und Until You Fall hervor, die in der Form nur in Virtual Reality erfahrbar sind.
Daneben gibt es von Facebook, Sony und Valve entwickelte Meilensteine wie Lone Echo, Astro Bot Rescue Mission und Half-Life: Alyx, die teuren Produktionen etablierter Spieleplattformen in nichts nachstehen und Virtual Reality auf ein neues Qualitätsniveau gehoben haben.
Wer 2021 eine VR-Brille kauft, hat Zugriff auf ein breites Sortiment von VR-Spielen und kann sich hunderte Stunden gut unterhalten. Oder Fitness treiben und mit Freunden in virtuellen Welten abhängen: Dass Fitness- und Social-VR-Apps besonders beliebt sind, zeigt, dass Virtual Reality das Zeug hat, über Gaming hinauszuwachsen und sich weiter zu diversifizieren.
Dass das Ökosystem auch in wirtschaftlicher Hinsicht gewachsen ist, zeigt insbesondere Beat Saber. Der Kulttitel hat seit Erscheinen mehr als vier Millionen Exemplare verkauft. Auch andere Spiele sind erfolgreich: Allein im Quest Store haben knapp 70 Titel Millionenumsätze gemacht. Vor drei Jahren wäre das undenkbar gewesen.
Der Erfolg der Oculus Quest und die Ankündigung einer neuen Playstation-Brille, die 2022 erscheinen dürfte, werden dafür sorgen, dass der Strom toller VR-Spiele nicht versiegt.
3. Das ABC der VR-Spielentwicklung steht
2016 war die VR-Entwicklung ein Wilder Westen. Richtlinien und bewährte Vorgehensweisen? Fehlanzeige.
Entwickler mussten durch Jahre des Ausprobierens herausfinden, was in Virtual Reality funktioniert und was nicht und wie man vermeidet, dass Spielern schlecht wird. Unnatürliche Interaktionen, fehlgegangene Interface-Experimente und unorthodoxe Tastenbelegungen konnten einem gehörig den Spielspaß verderben.
Manche Hersteller empfahlen Entwicklern, kurze Erfahrungen ohne künstliche Bewegung zu schaffen, denn niemand wusste, wie Spieler auf Virtual Reality reagieren. Heute gibt es Titel, die man stundenlang spielen kann und viele große Spiele setzen standardmäßig auf fließende Fortbewegung.
Es gibt Richtlinien für Zugänglichkeit und Leitfäden für künstliche Fortbewegung, die neue Entwickler an die Hand nehmen und Spiele erfahrener VR-Studios werden immer ausgefeilter. Wie weit das Spiel- und Interaktionsdesign mittlerweile gediehen ist, zeigt Half-Life: Alyx, das die besten Lehren aus den vergangenen Jahren VR-Entwicklung gezogen und die Messlatte für VR-Spiele in fast allen Belangen höher gelegt hat.
Keine Innovation mehr zu erwarten, wäre falsch. Aber die Grundlagen sind gelegt und Studios haben ein Fundus an Wissen aufgebaut, mit dem sie für die Zukunft gerüstet sind. Die Pioniertage der Virtual Reality sind vorbei.
4. Die Industrie entwickelt Standards
Seit 2016 entstanden zahlreiche Endgeräte, Schnittstellen und Plattformen, die untereinander kaum oder gar nicht kompatibel sind. Um möglichst viele Nutzer zu erreichen, mussten Entwickler ihre Software für jede erdenkliche Kombination anpassen – ein Albtraum.
Um diesem Chaos ein Ende zu setzen, setzten sich die wichtigsten Industriegrößen an einen Tisch und definierten eine einheitliche Schnittstelle: OpenXR soll sicherstellen, dass einmal programmierte VR-Spiele auf so vielen Endgeräten und Plattformen wie möglich laufen.
Das spart Zeit, Geld und Nerven und sorgt für eine optimale Verbreitung von Software, wovon am Ende auch Plattformbetreiber und Endverbraucher profitieren: Sie haben Zugriff auf mehr Inhalte.
Seit der Finalisierung der OpenXR-Spezifikation im Sommer 2019 schreitet die Umsetzung der Standards seitens der Industrie rasch voran. Microsoft, Facebook, Valve: Sie alle unterstützen OpenXR bereits.
Es dürfte noch eine Weile dauern, bis Endverbraucher die positiven Auswirkungen spüren. Doch darum geht es hier nicht: Dass ein Großteil der Industrievertreter zusammenkommt und konstruktiv zusammenarbeitet, zeugt von der Reife der Branche und einem gemeinsamen Willen, die VR-Industrie voranzubringen. Für die ist OpenXR ein großer Schritt nach vorne.
5. Virtual Reality verändert Gaming
Gaming und Schwitzen: Dieser Kombination begegnete man in der Geschichte der Videospiele eher selten. Seit Anbeginn der Industrie zocken Gamer hauptsächlich im Sitzen (oder Liegen).
Virtual Reality stellt dieses jahrzehntealte Bild der spielenden Couch-Kartoffel infrage. Physisch fordernde Spiele wie Beat Saber erfreuen sich gerade deshalb großer Beliebtheit, weil sie körperbetont sind und man könnte argumentieren, dass sie mittlerweile ein eigenes Spielgenre darstellen, weil sie Bewegung und Spielerlebnis auf einzigartige Weise kombinieren. Bewegung ist nicht Mittel zum Zweck, beispielsweise für Fitness oder Steuerung, sondern Teil der Erfahrung.
Das neue Bewegungs-Genre bietet aufregende neue Möglichkeiten, die im Rahmen des 2D-Gamings nicht wiederholbar sind. Virtual Reality gewinnt damit ein echtes Alleinstellungsmerkmal, das noch dazu auf großen Anklang trifft.
Titel mit Körpereinsatz sind zudem meist immersiver als Sitz- oder Stehspiele, weil sie den eigenen Körper besonders stark in die Spielerfahrung einbeziehen. So oder so: Bliebe körperbetontes Spielen der einzige Einfluss, den Virtual Reality auf die Gaming-Kultur und -Geschichte hätte, wäre dieser bereits jetzt signifikant.
Dieser Beitrag erschien am 28. März 2021 bei MIXED und wurde für dieses Blog überarbeitet.