Die Meta Connect 2024 wird die wichtigste seit vielen Jahren

Am 25. und 26. September ist es soweit: Auf der wichtigsten Konferenz für VR und AR wird Meta neue Produkte vorstellen, die die Zukunft der Branche prägen werden. Die Meta Connect (ehemals Oculus Connect) feiert in diesem Jahr ihr 10. Jubiläum und wird die wichtigste Connect seit Vorstellung der Quest 2 vor vier Jahren sein, vielleicht sogar die bedeutendste überhaupt.

Es steht viel auf dem Spiel für Meta. Im VR-Bereich wird Meta Quest 3S angekündigt, eine preisgünstigere Version der Quest 3, die sich an den Mainstream richtet. Das Gerät tritt die Nachfolge der Quest 2 an, die sich mittlerweile über 20 Millionen Mal verkauft haben dürfte. Quest 3S muss mindestens ebenso viele Einheiten verkaufen, damit der VR-Markt nichts in Stocken gerät. Nach dem Scheitern der Playstation VR 2 und der lauwarmen Reaktion auf Apples Vision Pro ist es nun wieder an Meta, die Massen für VR zu begeistern. Mit Mixed Reality und exklusiver Software.

Ein großer VR-Schwerpunkt der Konferenz wird auf Meta Horizon liegen. Für Horizon Worlds und Co. werden vermutlich verbesserte Avatare vorgestellt. Wir dürften außerdem Einblick in neue Features und Schnittstellen von Horizon OS, dem Betriebssystem der Meta Quest erhalten, wie das Spatial App Framework. Hoffentlich gibt es auch ein Update zu geplanten OEM-Headsets, die auf Horizon OS setzen werden. All diese Ankündigungen sind großer Bedeutung für die weitere Entwicklung des VR-Markts.

Auch im Bereich AR wird es wichtige Ankündigungen geben. Meta wird nach mehr als zehn Jahren Forschung und Entwicklung endlich den Prototyp einer vollwertigen AR-Brille vorstellen. Das Gerät mit Codenamen Orion wird kein Produkt, weil die Herstellung schlicht zu teuer ist. Die AR-Brille ist vorläufig etwas ganz Anderes: eine Zukunftsvision, die Investoren beschwichtigen, Tech-Fans inspirieren und Entwickler dazu bringen soll, erste Anwendungen für Metas kommende AR-Plattform zu entwerfen.

Damit verbunden wird hoffentlich ein Ausblick auf die AR-Roadmap der nächsten Jahre gegeben. Auch wenn es noch lange dauern wird, bis richtige AR-Brillen auf den Markt kommen: Es wird Zeit für Meta, endlich konkret zu werden. Der Hype um AR-Brillen ist seit vielen Jahren tot, wird Meta ihn mit Orion wiederbeleben können?

Dieser Beitrag erschien am 13. September 2024 bei MIXED.

„Emperor“ für Meta Quest in der Filmkritik

Emperor ist inspiriert von der wahren Geschichte eines Mannes, der nach einem schweren Schlaganfall seine Sprachfähigkeit verloren hat, und seiner Tochter, deren Leben durch den Schicksalsschlag für immer verändert wurde.

Der Film unternimmt den Versuch, uns mit den Mitteln der Virtual Reality in die Lebenswelt des Vaters zu versetzen. Begleitet wird die Erzählung von der Stimme der Tochter, die uns ihr eigenes Innenleben und die Vater-Tochter-Beziehung in Worten näher bringt.

Die Handlung ist lose und setzt sich aus einer Vielzahl visuell einprägsamer, oft traumartiger Szenen zusammen. Mal nehmen wir in der Rolle des Vaters an Therapien mit der Tochter teil, mal tauchen wir in Erinnerungsfetzen ein. Wir erleben eine Schlittenfahrt, den Sturz aus einem Flugzeug, eine Wüstenlandschaft. Immer wieder tauchen dieselben Motive auf, die auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden sind.

Emperor hat einen markanten visuellen Stil, der Orte und Situationen als monochrome räumliche Zeichnungen wiedergibt und so vieles nur andeutet. Die Regisseure Marion Burger und Ilan J. Cohen schaffen mit dieser Optik und viel Einfallsreichtum immer wieder Szenen von großer Eindringlichkeit und Schönheit. Die Umgebungen werden in Echtzeit gerendert, sodass man sich nach Belieben physisch durch die animierten Szenen bewegen kann. Das ist aber nicht nötig: Der VR-Film ist für das Erleben im Sitzen konzipiert.

Emperor ist interaktiv und setzt auf einfache Interaktionen mit den Händen (vorzugsweise mit Handtracking). Um die Geschichte voranzutreiben, muss man teils auf Türen und Orte zeigen, teils Gegenstände aufheben oder auf andere Weise mit ihnen interagieren. In einer Szene sitzt man mit der Tochter am Tisch und soll ein Wort vervollständigen, indem man mit dem Finger Buchstaben zeichnet, was der VR-Film absichtlich erschwert. Mit solchen und anderen Mitteln, die hier nicht verraten werden sollen, macht der VR-Film die Sprachstörung des Vaters erfahrbar.

Emperor ist ein sehr persönlicher Film. Er zeigt nicht das reale Leben eines an Aphasie leidenden Menschen. Er ist vielmehr die einfühlsame künstlerische Verarbeitung einer neuronalen Störung und eines Traumas, das entsteht, wenn man einen geliebten Menschen verliert oder wesentliche Teile dessen, was diesen Menschen ausgemacht hat. Emperor würdigt die Zerbrechlichkeit des Lebens und die emotionale Bindung zwischen Menschen.

Die Welten, in die wir mit Virtual Reality eintauchen, umgeben uns vollständig und können uns daher kognitiv überwältigen. Dieser Umstand und die Art und Weise, wie Emperor seine Geschichte erzählt wird, haben mich sehr betroffen gemacht.

Dieser Beitrag erschien am 11. September 2024 bei MIXED.

Meta killt Quest Pro 2: Weshalb das eine gute Nachricht ist

The Information berichtete am Wochenende, dass Meta Pläne aufgegeben hat, bis 2027 ein Premium-Headset und Konkurrenzprodukt zu Apple Vision auf den Markt zu bringen.

Das Gerät mit dem Codenamen „La Jolla“ hätte, wenn es tatsächlich ein Produkt geworden wäre, die Nachfolge der ersten, katastrophal gescheiterten Meta Quest Pro angetreten. So weit kommt es nicht, zumindest nicht in den nächsten Jahren.

Es wäre jedoch verfrüht, damit auf das Ende von Quest Pro 2 als Geräteklasse zu schließen. Nach Erscheinen des Berichts meldete sich Metas Technikchef Andrew Bosworth auf Threads zu Wort. Er dementierte die Nachricht nicht und strich heraus, dass es sich lediglich um das Ende eines Prototyps handele.

„Nur ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Wir haben viele Prototypen in der Entwicklung. Aber nicht alle gehen in die Produktion. Mit einigen machen wir weiter, andere lassen wir fallen. Solche Entscheidungen werden ständig getroffen, und Geschichten, die auf dem Gerede über eine einzige Entscheidung basieren, geben nie ein richtiges Bild wieder.“

Das Konzept eines Quest-Headsets mit Premium-Features lebt bei Meta weiter und könnte zu einem späteren Zeitpunkt Wirklichkeit werden, vorausgesetzt, es entsteht eine größere Nachfrage nach Geräten jenseits der 500-Dollar-Marke.

Derzeit ist das nicht der Fall. Selbst Meta Quest 3, die 500 US-Dollar kostet, dürfte sich in einem Jahr weniger als fünf Millionen Mal verkauft haben. Von der wesentlich teureren Apple Vision Pro brauchen wir erst gar nicht zu sprechen.

Es gibt derzeit keine realistischen technischen Upgrades, die Headsets wie Quest 3 deutlich erfolgreicher machen könnten und erst recht nicht zum doppelten Preis (Meta peilte für La Jolla angeblich einen Preis unter der 1.000 US-Dollar-Marke an, was sich als schwierig erwies). OLED-Microdisplays und Eye-Tracking sind keine Killer-Features, eher schon ein deutlich kleinerer Formfaktor und ein geringeres Gewicht, aber das wird so schnell nicht kommen. Und was ist mit Metas Codec-Avataren, also fotorealistischer Telepräsenz? Es bleibt abzuwarten, wie gut sich das technische Konzept auf autarken Headsets umsetzen lässt und ob es mit einfacher Videotelefonie konkurrieren kann.

Metas Entscheidung, Quest Pro 2 vorerst auf Eis zu legen, ist eine gute Entscheidung. Warum sollte das Unternehmen wertvolle Ressourcen in eine Geräteklasse investieren, für die es nachweislich noch keinen nennenswerten Markt gibt? Metas Ziel ist es, VR und AR massentauglich zu machen und nicht einige hunderttausend hoch spezialisierte Headsets zu verkaufen. Diesen Markt überlässt Meta den OEMs. Gesamthaft gesehen ist es besser für die Branche, wenn sich Meta auf die Senkung statt auf die Erhöhung der Eintrittsbarrieren konzentriert.

The Information berichtet, dass die für La Jolla entwickelten Technologien in kommende Headsets fließen sollen, also erschwingliche Geräte, darunter möglicherweise Quest 4. Das ist eine schlechte Nachricht für eine winzige Gruppe von Enthusiasten, aber eine gute Nachricht für Verbraucher.

Oculus-Gründer Palmer Luckey sagte einmal, dass VR erst etwas werden müsse, das alle haben wollen, bevor es zu etwas werden könne, das sich alle leisten können. Ein halbes Jahr nach der Einführung des Vision Pro muss man feststellen, dass selbst das exklusivste Headset noch nicht gut genug ist, dass es alle haben wollen. Die Technologie ist längst nicht so weit und Meta weiß das.

Dieser Beitrag erschien am 26. August 2024 bei MIXED.

Generative KI und VR sorgen für den perfekten audiovisuellen Trip

Realms of Flow ist eine VR-App, die mit ihren atemberaubenden audiovisuellen Erlebnissen zum Staunen, Meditieren und Entspannen einlädt.

Ich habe Realms of Flow letztes Jahr mit Quest 3 ausprobiert und schaue seitdem immer mal wieder in die VR-App, auch weil Entwickler Marc Zimmermann sie regelmäßig mit neuen VR-Erfahrungen versorgt. Seit meinem Test sind sechs neue kostenlose Erlebnisse hinzugekommen, womit Realms of Flow nun 16 VR-Erfahrungen bietet. Die zwei neuesten Ergänzungen sind Nature’s Calling & Altered States of Mycelia, die ich mir heute zum ersten Mal angesehen habe.

Altered States of Mycelia ist nach Starry Blankets bereits die zweite VR-Erfahrung, die mit generativer KI erstellt wurde. Sie verzichtet anders als jene auf Gegenständlichkeit und besteht allein aus abstrakten Mustern, die pulsieren, wabern und ständig ihre Form verändern. Die Erfahrung lässt sich visuell verändern, indem man die Muster in der Mitte spiegelt oder periphere KI-Gebilde einblendet und ineinanderführt. Das Ergebnis ist ein bezauberndes, fast spirituelles Erlebnis, ein hypnotischer Augenschmaus, von dem man sich nur schwer losreißen kann.

Die überbordende Vorstellungskraft der KI kombiniert mit der visuellen Stärke der Virtual Reality: In Realms of Flow findet sie meines Erachtens eine perfekte Verbindung.

Zimmermann bezeichnet die KI-generierten Erlebnisse als experimentell und sie sind in der VR-App jetzt auf einer separaten Seite zu finden, was auf weitere Erfahrungen dieser Art hindeutet. Auf meine Nachfrage hin bestätigte mir Zimmermann, dass weitere KI-generierte Erlebnisse geplant sind.

Wer trippige VR-Erfahrungen mag und sich für kreative KI-Anwendungen interessiert, sollte unbedingt einen Blick auf Realms of Flow werfen.

Dieser Beitrag erschien am 22. August 2024 bei MIXED.

Metas VR-Chefforscher räumt ein: Entwicklung langsamer als erhofft

In der neuesten Folge des Podcasts Boz to the Future unterhielt sich Metas Technikchef Andrew „Boz“ Bosworth mit Michael Abrash, dem „Chief Scientist“ von Reality Labs Research.

Abrash, der auf eine lange und erfolgreiche Karriere in der Technologie- und Spieleindustrie zurückblicken kann, verließ Valve 2014, um als leitender Forscher VR und AR bei Oculus und Facebook voranzutreiben. In der vergangenen Dekade wurde er vor allem durch seine technischen Ausblicke und Prognosen bekannt, die er alljährlich auf der Meta Connect (ehemals Oculus Connect) vorträgt.

Ich habe mir den Podcast angehört und die drei für mich interessantesten Zitate herausgesucht.

Auf die technische und kommerzielle Entwicklung von VR-Technologie in den vergangenen zehn Jahren zurückblickend, meint Abrash resümierend:

„Um ehrlich zu sein, es ging langsamer, als ich es mir gewünscht hätte, aber der Grund ist, dass es wirklich schwer ist, diese Schritte zu gehen. Das ist es wirklich. Und ich habe ein neues Verständnis dafür bekommen, wie schwierig es ist, Unterhaltungselektronik herzustellen, obwohl ich zuvor bei vier Hardware-Unternehmen gearbeitet habe.“

Michael Abrash spricht auf der Oculus Connect 3 über Eye-Tracking. | Bild: Meta

Auf die Frage, auf welche Dinge er am meisten stolz sei, die es aus dem Labor in ein Produkt geschafft haben, antwortete Abrash:

„Wir haben über Hand-Tracking gesprochen, und ich denke, das war eine große Sache. Pancake-Linsen. Pancake-Linsen sind etwas, das wir wirklich anführten, und sie haben den Formfaktor dramatisch verändert. Etwas, das die Leute noch nicht in der Hand haben, aber sicherlich schon gesehen haben, sind Codec-Avatare. An dem Tag, an dem wir das in der VR machen, ist der Tag, an dem ich sage: ‚Ja, wir haben es geschafft‘.“

In die Zukunft schauend, was sind die größten Herausforderungen für Abrash?

„Ich denke, die größte technische Herausforderung liegt im Bereich des Displays. In allen anderen Bereichen zählt Cleverness. Es gibt immer einen Weg nach vorn. Es geht nur darum, eine Menge Schwierigkeiten zu überwinden. Du sprachst über das Gesetz der Thermodynamik. Zwei Gesetze: auch das Gesetz der Schwerkraft. Wenn du mir sagst, ich habe 200 Gramm für ein Headset, ja, dann ich bekomme das Display-System hin, kein Problem. Wenn du mir sagte, ich habe 60 Gramm, dann gibt es ein Problem, richtig? Um also etwas zu entwickeln, das gesellschaftlich akzeptabel ist, das so wenig Strom verbraucht, dass man es den ganzen Tag über benutzen kann, das erschwinglich ist und so wenig wiegt, gibt es einige echte Probleme, die es zu lösen gilt. Und wie du schon sagtest, wir arbeiten an allen möglichen Bereichen, Laser, Mikro-LEDs, Wellenleiter, um diese Probleme zu lösen. Aber die Physik erweist sich als ein Problem. Sie werden gelöst werden, daran habe ich keinen Zweifel, aber es ist nicht trivial.“

Dieser Beitrag erschien am 30. Juli 2024 bei MIXED.