Am VR-Spiel Low-Fi zeigt sich, wie stark sich VR verändert hat

Low-Fi ist der spirituelle Nachfolger des VR-Spiels Technolust, das 2016 für das PC-VR-Headset Oculus Rift erschien. Nach einem Update, das dem Cyberpunk-Titel neue Inhalte und Unterstützung für die neuen Touch-Controller brachte, wandte sich Entwickler Blair Renaud einem neuen Projekt mit Namen Low-Fi zu.

Im September 2019 rief Renaud eine Kickstarter-Kampagne ins Leben und sammelte umgerechnet 80.000 US-Dollar ein. Ich testete damals eine frühe Version des VR-Spiels und war beeindruckt von den stimmungsvollen und detaillierten Schauplätzen, die mich an Cyberpunk-Filme wie Blade Runner erinnerten. Außer Herumgehen und Fliegen konnte man allerdings nicht viel tun, das Spielgerüst fehlte noch.

Ursprünglich für Ende 2020 angesetzt, ist das VR-Spiel noch immer nicht erschienen. Die Kickstarter-Seite wurde seit Ende 2022 nicht mehr aktualisiert und ein geplanter Release für PC-VR-Headsets und Playstation VR 2 für das Jahr 2023 wurde nicht eingehalten.

Nun gab der Entwickler ein Update via Twitter zum Status des Projekts. Renaud schreibt, dass der Fokus ursprünglich auf „Next-Gen-VR“ gelegen habe, also PC-VR und nach Ankündigung der Playstation VR 2 auch Sonys VR-System. Da sich PC-VR seit Half-Life: Alyx rückläufig entwickelt und die Playstation VR 2 ebenfalls am Straucheln ist, hat sich das Team entschieden, zusätzlich eine Flat-Version des Spiels herauszubringen.

Renaud schreibt weiter, dass dem Studio langsam das Geld ausgeht und ein großer Druck besteht, das VR-Spiel fertigzustellen. Auf einen Zeitrahmen will sich der Entwickler nicht festlegen: Low-Fi werde erscheinen, „sobald es gut und fertig“ sei. Eine Quest-Portierung schließt Renaud aus. „Nicht mit diesem Budget (oder dem Mangel daran), dieser Teamgröße oder dieser Gerätegeneration“, schreibt der Entwickler.

Low-Fi befindet sich seit mindestens fünf Jahren in Entwicklung und in dieser Zeit hat sich VR gewandelt. Zwischen 2016 und 2018 gaben Playstation VR und PC-VR den Ton an. Ab 2019 setzte sich mit Oculus Quest schrittweise autarke Virtual Reality durch. Selbst Valve Index (2019) und Half-Life: Alyx (2020) konnten daran nichts mehr ändern. Heute ist Meta Quest die mit Abstand größte VR-Plattform, um die Entwickler:innen nicht mehr herumkommen, wollen sie von ihrer Software leben.

Am Beispiel von Low-Fi sieht man, wie sich die VR-Landschaft verändert hat: Allein für PC-VR und Playstation VR 2 entwickeln, rechnet sich in vielen Fällen nicht. Und wer das eigene VR-Spiel grafisch nicht herunterskalieren kann oder will, muss sich andere Einnahmequellen suchen. Das Team hinter Low-Fi sieht sie in einer Hybrid-Version des Spiels.

Dieser Beitrag erschien am 5. Januar 2024 bei MIXED.

Der Browser ist die erste Killer-App der Mixed Reality

Der Techjournalist Janko Roettgers unterhielt sich mit Metas Technikchef Andrew Bosworth über Meta Quest 3 und Mixed Reality.

Metas Technikchef bekräftigte im Interview, dass es erste positive Signale seitens der Verbraucher:innen bezüglich Mixed Reality gebe. Auf die Frage, welche Anwendungsszenarien der Mixed Reality neben Dingen wie Abwasch besonders beliebt sind, meint Bosworth:

„Es gibt eine Menge solcher Anwendungszwecke. Es ist nicht unbedingt der Abwasch. Aber die Nutzung des Browsers in Mixed Reality ist auf Quest 3 sehr populär. Der Browser ist auf Quest 2 ebenfalls beliebt, verstehen Sie mich nicht falsch. Aber auf Quest 3 ist es ein wirklich deutlicher Unterschied, wenn die Leute im Farb-Passthrough den Browser nutzen. […] Ich weiß nicht, ob sie gerade den Abwasch machen oder nicht, aber sie haben ein Browser-Fenster geöffnet und beschäftigen sich auf diese Weise.“

Meta Quest 3 ist zu groß und schwer und die Qualität des Passthrough zu schlecht, als dass eine größere Zahl Menschen das Gerät ernsthaft als AR-Headset nutzen und in ihren Alltag integrieren würden. Aber der Formfaktor und das Passthrough werden sich in den kommenden Jahren kontinuierlich verbessern, sodass diese Vorstellung nicht mehr unplausibel sein wird.

Dieser Beitrag erschien am 4. Januar 2024 bei MIXED.

Metas kommende AR-Brille: Das „Fortschrittlichste im Bereich der Unterhaltungselektronik, das wir als Spezies je hervorgebracht haben“

In einem Interview mit Alex Heath bestätigt Andrew Bosworth, dass Meta „einen ziemlich aufregenden“ AR-Brillenprototyp gebaut hat und stellt in Aussicht, dass dieser 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

„Wir haben dieses Jahr mit ihm experimentiert. Es ist wahrscheinlich unser bislang aufregendster Prototyp. Ich könnte in Schwierigkeiten geraten, wenn ich das sage: Ich glaube, dass der Prototyp in seiner Domäne die fortschrittlichste Technologie des Planeten sein könnte. Im Bereich der Unterhaltungselektronik könnte es das Fortschrittlichste sein, was wir als Spezies je hervorgebracht haben.“

Zugleich räumt Bosworth ein, dass das Gerät unerschwinglich teuer in der Herstellung ist und dass die wirkliche Arbeit darin besteht, den Preis und Formfaktor zu reduzieren. Er stellt in Aussicht, dass das Gerät 2024 vorgestellt wird: „Ich denke, die Chancen stehen gut, dass die Menschen im Jahr 2024 die Möglichkeit bekommen werden, ihn auszuprobieren.“

Dieser Beitrag erschien am 3. Januar 2024 bei MIXED.

Meta kann diese futuristische VR-Brille bauen

Meta zeigt das Rendering eines Sci-Fi-Headsets und behauptet, dass das Gerät bereits heute herstellbar wäre. Das gerenderte Headset ist nach dem Forschungskonzept Mirror Lake modelliert, das Meta im Sommer 2022 vorstellte.

In dem Konzept kulminieren zahlreiche Technologien, die Metas Forschungsabteilung in den vergangenen zehn Jahren entwickelte. Dazu gehören eine holografische Optik, Retina-Auflösung, ein Gleitsichtmodul für variablen Fokus, Multiview-Eye-Tracking, KI-gestütztes Passthrough und Reverse Passthrough. Letzteres stellt die Augen der Nutzer:innen auf der Vorderseite des Headsets dar, was Augenkontakt mit der Außenwelt ermöglicht.

Mirror Lake existiert nur in den Köpfen der Forscher und ist kein Produkt auf Metas Hardware-Roadmap. Das futuristische VR-Headset ist eine Vision, die zeigen soll, wie eine Vielzahl neuer Display-Technologien in einem kompakten, leichten und energieeffizienten Gerät vereint werden könnte.

Bei einem Vortrag am College of Optical Sciences der University of Arizona (siehe Youtube) führte der Leiter von Metas Forschungsabteilung für Display-Systeme Douglas Lanman durch verschiedene Headset-Prototypen der vergangenen Jahre. Am Ende des Vortrags zeigt Lanman das Mirror-Lake-Rendering und behauptet, dass das Konzept schon heute realisierbar wäre.

So sieht Metas Headset-Vision aus. | Bild: Meta

„Hier ist ein Rendering eines Geräts, das wir vor ein paar Jahren ersonnen haben und das man heute bauen kann […] mit existierenden Hardware-Komponenten. Wir glauben, dass dieses Headset, das wir Mirror Lake nennen und das hier nur ein Rendering ist, tatsächlich umsetzbar ist. Ich denke also, dass die Industrie bereit ist, ein neues Plateau zu erreichen.“ Etwas später meint Lanman: „Es ist ein Konzept, aber es gibt eine Liste von Teilen. Es ist ein reales Ding, das wir mit erheblichem Zeitaufwand bauen könnten.“

Die Herstellung eines Prototyps ist eine Sache. Ihn zu einem erschwinglichen Preis auf den Markt zu bringen, eine ganz andere. Mark Zuckerberg meinte im letzten Jahr bei der Vorstellung von Mirror Lake und einer Reihe neuer VR-Prototypen, dass es nach dem derzeitigen Stand der Technik noch fünf bis sechs Jahre dauern könnte, bis diese Technologien in Produkten Eingang finden könnten.

In seinem Vortrag deutet Lanman zudem an, dass Mirror Lake die Recheneinheit und Batterie auslagern müsste, um diesen Formfaktor und ein geringes Gewicht zu erreichen. Ein komplett autarkes Headset wie Meta Quest wäre es demnach nicht.

Man sieht: Der Weg ist noch weit für leichte, kompakte und autarke VR-Headsets mit Retina-Auflösung, Gleitsicht und hochwertigem Passthrough in beide Richtungen.

Dieser Beitrag erschien am 7. Dezember 2023 bei MIXED.

 

Ein Youtuber hebt VR-Gaming aufs nächste Level

Der Youtube-Kanal ChrisQuitsReality spezialisiert sich auf skurrile Videos über Virtual Reality, meistens unter Einbezug von Ganzkörpertracking.

In seinem neuesten Video nimmt sich Chris das jüngst erschienene Assassin’s Creed Nexus VR zur Brust und demonstriert, wie weit man das VR-Erlebnis treiben kann, wenn man neun Leben und sieben Schutzengel hat. Sein Ziel: NPCs des VR-Spiels unter vollem Körpereinsatz auf möglichst spektakuläre Weise zu meucheln. Die echte Umgebung wird dabei, wo möglich, ins Erlebnis einbezogen, sodass sich Spielwelt und reale Welt decken.

Mit Umhang und Meta Quest 3 ausgerüstet, rennt der Youtuber bei seinen Angriffen ein Hausdach entlang, versteckt sich im Geäst eines Baums, rennt über eine Wiese, gleitet über den Boden, springt von einer Mauer und wirft sich in einen Busch. Wenn in der virtuellen Welt eine Stufe ist, in der echten jedoch nicht, kann es schon mal passieren, dass sich der Youtuber wehtut.

Im zweiten Teil des Videos zeigt er diese und andere Unfälle und macht damit deutlich, dass ihr diese Stunts auf keinen Fall nachmachen solltet.

Chris riskiert für ein Youtube-Video sein Leben. | Bild: ChrisQuityReality

Der Youtube-Clip ist lustig, aber mehr als ein Blödelvideo. Es treibt eine wichtige Eigenschaft des VR-Gamings auf die Spitze, die klassischem Sitz-Gaming abgeht: der Umstand, dass in der Virtual Reality der eigene Körper zum Controller wird. Was man im Spiel tut, wird nicht mehr durch abstrakte Handlungen (z. B. ein Knopfdruck), sondern die Handlung selbst ausgeführt. Gaming wird damit eine körperliche Erfahrung.

Der dargestellte Körpereinsatz ist extrem und niemandem anzuraten. Aber er lässt sich, in abgemilderter und ungefährlicher Form, in den eigenen vier Wänden umsetzen.

Virtual Reality wirkt mitunter so real, dass sich ein Besuchereffekt einstellt: Man fühlt die Entfremdung von seinem Avatar, wenn dieser physische Fähigkeiten hat, die man selbst nicht besitzt. Werden diese jedoch, im wortwörtlichen Sinne, körperlich nachvollziehbar, sodass sich Spiel und physische Wirklichkeit decken, dann kann eine ungeheuer mächtige Spielerfahrung entstehen, die klassische Sitzspiele blass aussehen lässt.

Dieser Beitrag erschien am 5. Dezember 2023 bei MIXED.