§ 42. Die drei Dimensionen des Lebens aus philosophiegeschichtlicher Perspektive

Während die Verhältnisqualität des Geistigen die Philosophie seit ihren Anfängen beschäftigt hat, entstand ein Bewusstsein für die Bedeutsamkeit des Sinnlichen als einer eigenen Form von Erkenntnis erst spät und mit der Gründung einer neuen philosophischen Teildisziplin, der Ästhetik. Dass dieser Vorgang eines Bewusstwerdens der Bedeutsamkeit des Sinnlichen noch nicht abgeschlossen ist, zeigt sich an der jüngeren Wissensgeschichte, namentlich der Ikonischen Wende, die sich in ihren Theorieentwürfen darum bemüht, die Eigenständigkeit und Bedeutung einer Sprache der Bilder begrifflich herauszuarbeiten. Innerhalb der Wissensgeschichte hat die dritte Verhältnisqualität, diejenige des Wirklichen, insofern einen Sonderstatus, als für sie nicht nur keine Begrifflichkeit existiert, sie wurde als erkenntnisstiftende Verhältnisqualität, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch nicht einmal entdeckt. Das Wirkliche stellt die Grundlage für jedwede Art von Geschehnis dar, für den Menschen wird sie in Gestalt der Handlung bedeutsam. Auf diese Weise bildet das Wirkliche zwar das Fundament der praktischen Philosophie, aber inwiefern der Umstand, dass wir handeln, dass wir im handelnden Austausch mit der Welt stehen, zur Erkenntnis beiträgt, diese Frage wurde, zumindest in diesem Kontext und in dieser radikalen Form, noch gar nicht gestellt.