Ein Tweet des bekannten US-Spielejournalisten Ryan McCaffrey von vergangener Woche schlug hohe Wellen, in der VR-Szene und darüber hinaus. Rund 1,8 Millionen Mal wurde der Tweet bislang abgerufen.
„Ich bereue die 597 US-Dollar (einschließlich Steuern), die ich für die PSVR2 ausgegeben habe. Ich liebe großartige VR-Spielerlebnisse und war begeistert, dass Sony mit einem wirklich leistungsstarken Headset der zweiten Generation nachlegt, aber sie haben mich enttäuscht. Es gibt keine Spiele. Es fühlt sich bereits tot an. Schaut euch die Staubschicht an!“
Fakt ist, dass der Playstation Store sechs Monate nach Erscheinen des Headsets knapp 100 PSVR-2-Spiele führt. Fakt ist aber auch, dass Sony bisher zu wenig für die Plattform getan hat. Horizon Call of the Mountain ist der einzige First-Party-Titel für Playstation VR 2 und bislang ist kein weiteres Kaliber dieser Art angekündigt. PSVR-2-exklusive Third-Party-Spiele Switchback VR, Synapse und Firewall Ultra (erscheint nächste Woche) lassen sich an einer Hand abzählen. Die meisten Titel sind Portierungen oder für andere VR-Plattformen erhältlich.
Das heißt aber nicht, dass es keine guten VR-Spiele für Playstation VR 2 gibt. Titel wie Red Matter 2, Synapse oder The Walking Dead: Saints & Sinners (um nur einige zu nennen) sind hochwertige Spiele. Punkt.
Wenn McCaffrey von „Spielen“ spricht, dann denkt er vermutlich an AAA-Titel und große Marken, wie man sie aus der Welt des Konsolen-Gamings kennt. Aber wie der Digital-Foundry-Redakteur John Linneman kürzlich in einem Video sagte: Es gibt gute PSVR-2-Titel, die ohne große Namen auskommen und trotzdem Spaß machen. Zu behaupten, dass es keine (guten) Spiele für PSVR 2 gibt, zeugt von Ignoranz. Dass McCaffrey sich, dem beigefügten Bild zufolge, nicht einmal die Mühe gemacht hat, neue Titel auszuprobieren, bestätigt das.
Nun ist McCaffrey nicht irgendwer. Seine Stimme hat Gewicht, wie die Anzahl Aufrufe seines Tweets zeigen. Seine Botschaft, dass sich Playstation VR 2 tot anfühle, wird jene, die VR ohnehin skeptisch gegenüberstehen, in ihrer Meinung bestätigen und an diese Gruppe dürfte der Tweet auch gerichtet sein. Der Fall erinnert mich an ein kontroverses IGN-Meinungsvideo zu Baldur’s Gate 3, dem mehr daran gelegen war, Gamer aufzuwiegeln, als sich vertieft mit einem Thema auseinanderzusetzen und Kontext zu schaffen.
Dass Sony nicht mehr tut für Playstation VR 2, sollte niemanden wundern: First-Party-Titel mit riesigen Budgets liegen nicht drin, weil die Entwicklungskosten niemals reingeholt werden könnten. Dafür ist die Installationsbasis schlicht zu klein. Würden eine Reihe hochkarätiger VR-Spiele Playstation VR 2 zu einem Durchbruch verhelfen? Ich bezweifle es. Was Valve mit Half-Life: Alyx nicht gelang, wird auch Sony nicht gelingen. Virtual Reality muss organisch wachsen und kann nicht mit Hauruckaktionen in den Mainstream gehievt werden. Die Sprache der Virtual Reality muss sich ebenso weiterentwickeln wie die VR-Studios, die Hardware und nicht zuletzt die Verbraucher. Letztere müssen an die Technologie herangeführt werden und den Umgang mit ihr lernen. Es gibt keine Abkürzungen und Sony weiß das.
Nicht, dass Playstation VR 2 schon abgemeldet wäre. Es ist viel zu früh, ein Fazit zu ziehen. Mehr als 100 Titel sind angekündigt, weitere werden folgen. Sony muss und wird nachlegen. Aber wenn ihr auf PSVR-2-exklusive AAA-Produktionen vom Schlage eines The Last of Us oder God of War: Ragnarök hofft, dann könntet ihr wie McCaffrey enttäuscht sein.
Virtual Reality ist, Stand heute, kostspielig und umständlich. Letzten Endes zahlt ihr für eine besondere Art von Spielerfahrung, die ihr mit Flat-Gaming nicht haben könnt. Ob es (gute) Spiele für PSVR 2 gibt, hängt letzten Endes davon ab, ob ihr der zusätzlichen Immersion und neuartigen Spielkonzepten genügend Wert beimesst und nicht an der Zahl oder Qualität der erhältlichen VR-Spiele.
Dieser Beitrag erschien am 17. August 2023 bei MIXED.