Meta Quest Pro ist seit mehr als zwei Wochen im Handel erhältlich. In dieser Zeit habe ich viel über das Gerät gehört, gelesen und gesehen. In zahlreichen Tests, bei Twitter und Youtube und von Bekannten, die das Headset gekauft und ausprobiert haben. Der folgende Artikel ist eine wertende Einordnung der Meta Quest Pro auf Basis all dessen, was ich in Erfahrung bringen konnte und bezieht sich auf den Zustand, in dem sich das Gerät zum Marktstart befindet.
Fangen wir mit den Missverständnissen an und arbeiten uns vor zum Kern der Sache.
Was Meta Quest Pro nicht ist
- Ein Gerät für Profis und Unternehmen: Dass Meta Quest Pro nichts für Endverbraucher ist, versteht sich von selbst. Das Headset kostet 1.800 Euro. Überraschender ist, dass Meta Quest Pro auch Profis und Unternehmen nur wenig Substanzielles bietet und wichtige Features vermissen lässt. Das fängt bei der nur graduell verbesserten Hardware an und hört bei den nicht existenten Dienstleistungen und Apps für Geschäftskunden auf. Meta Quest for Business und Windows-Apps? Die kommen irgendwann nächstes Jahr. Das ist erstaunlich inkonsequent für ein Gerät, das sich an Geschäftskunden richtet. HTC und Pico machen das besser mit ihren B2B-Geräten.
- Ein fortschrittliches Mixed-Reality-Headset: Auch hier hat Meta seine Hausaufgaben nur zur Hälfte erledigt. Ja, Meta Quest Pro unterstützt stereoskopische Mixed Reality und Farbe, aber ansonsten fällt die Technologie komplett durch: Man sieht weder scharf in die Ferne noch erkennt man, was das Smartphone-Display anzeigt. Und dank gestrichenem Tiefensensor muss man Räume und Objekte in der Umgebung von Hand einzeichnen, was so umständlich, dass sich niemand die Mühe machen wird. Selbst ein neueres iPhone- oder Android-Smartphone kann bessere Mixed Reality als Meta Quest Pro.
- Ein brauchbarer Arbeitscomputer: Weder Hard- noch Software ist ausgereift für alltägliche Produktivität. Aufseiten der Hardware hapert es an der Auflösung, an der Batterielaufzeit (1-2 Stunden!), an der Rechenleistung und einem reibungslosen Interface. Aufseiten der Software fehlen schlicht die nötigen Produktiv-Apps. Zudem ist das Betriebssystem nicht ausgelegt für echtes Multitasking oder schnellen Zugriff auf Arbeitsfunktionen.
Was Meta Quest Pro wirklich ist
- Ein Developer Kit: Meta Quest Pro existiert in erster Linie, damit Entwickler neue Technologien (Mixed Reality, Gesichts- und Blickverfolgung) ausprobieren und erste Apps entwickeln können, insbesondere für Meta Quest 3.
- Ein Beta-Gerät und eine Experimentierplattform für Hard- und Software: Meta Quest Pro macht den Eindruck eines experimentellen und unfertigen Headsets. Warum? Weil es ein experimentelles und unfertiges Headset ist. Meta Quest Pro ist ein Developer Kit für Entwickelnde, aber ebenso für Meta selbst. Hiermit erforscht und legt das Unternehmen das Fundament für neue Hardware und Schnittstellen, von denen es selbst nicht weiß, wie sie sich auswirken werden.
- Eine Subventionshilfe: Wir wissen nicht, wie teuer Meta Quest Pro in der Herstellung ist, aber zu diesem Preis dürfte Meta gute Margen fahren. Die zusätzlichen Einnahmen dürften die verlangsamten Verkäufe von Meta Quest 2 auffangen, und was noch wichtiger ist: in die Subvention der Meta Quest 3 fließen. Man könnte also sagen, dass Meta Unternehmen, Profis, Entwickler und Enthusiasten Meta Quest 3 mitfinanzieren lässt.
- Ein Lieferkettenkatalysator: Zu guter Letzt hat Meta Quest Pro die Aufgabe, Lieferketten für kommende Headsets, insbesondere Meta Quest 3, zu etablieren. So kommen etwa die Pancake-Linsen der Pro in diesem Headset zum Einsatz. Stehen die Lieferketten erst einmal, kann Meta besser skalieren und günstiger produzieren.
Fazit und Ausblick
Meta Quest Pro ist ein schwer definierbares Headset. Weil es unfertig und ein Experiment ist, das gefühlt noch in der Betaphase steckt. In Meta Quest Pro drückt sich eher ein Wunsch als Wirklichkeit aus.
Der Grund ist leicht zu finden: Wir erleben gerade die Morgenstunden der Mixed-Reality-Ära und Produktivität. Meta weiß das. In einem Interview sagte Mark Zuckerberg, dass Meta Quest Pro nur die erste Version eines VR-Arbeitsgeräts sei, das erst mit Version 4 oder 5 voll ausgereift sein werde. Wenn alle zwei Jahre eine neue Meta Quest Pro erscheint, dann wäre das in acht bis zehn Jahren.
Man sollte sich also keinen Illusionen hingeben: Die erste Version der Meta Quest Pro existiert größtenteils wegen Meta Quest 3. Sie ist eine Brückentechnologie, die das Fundament für folgende Hardware-Generationen legt und wird schon im nächsten Jahr größtenteils veraltet sein.
Dieser Beitrag erschien am 13. November 2022 bei MIXED.