Wie viele Kinder und Jugendliche meiner Generation bin ich mit Videospielen aufgewachsen. Videospiele sind das prägende Medium unserer Zeit, so wie sie für frühere Generationen die Oper, das Theater und das Kino waren. Ihre kulturelle Bedeutung ist unbestreitbar und kann nur größer werden. Das allein macht Videospiele zu einem wichtigen wissenschaftlichen Gegenstand.
„Die Wiederentdeckung der Welt“ ist ein durch und durch normatives Unterfangen. Im Kern geht es um die Frage, was Videospiele sein und leisten können für das Individuum und die Gesellschaft und nicht darum, was sie tatsächlich sind oder leisten. Ich rege also zum Nachdenken über die Möglichkeiten des Videospiels an: eine theoretische Anstrengung, die in Anbetracht des kulturellen Stellenwerts ihres Gegenstands absolut gerechtfertigt ist.
Videospiele sind und leisten viele Dinge. Was mich interessiert, ist deren Kunstcharakter. In der von mir vorgeschlagenen, recht weit gefassten Definition hat Kunst eine grundlegend wichtige Funktion für den Menschen. Mein Vorhaben ist, das Ideal einer Kunstform zu denken, die aus dem Videospiel hervorgehen könnte. Dieses theoretische Konstrukt nenne ich die Zehnte Kunstform. Sie ist eine mögliche Antwort auf die Frage, was Videospiele als Kunstform bestenfalls sein und leisten könnten.