„Emperor“ für Meta Quest in der Filmkritik

Emperor ist inspiriert von der wahren Geschichte eines Mannes, der nach einem schweren Schlaganfall seine Sprachfähigkeit verloren hat, und seiner Tochter, deren Leben durch den Schicksalsschlag für immer verändert wurde.

Der Film unternimmt den Versuch, uns mit den Mitteln der Virtual Reality in die Lebenswelt des Vaters zu versetzen. Begleitet wird die Erzählung von der Stimme der Tochter, die uns ihr eigenes Innenleben und die Vater-Tochter-Beziehung in Worten näher bringt.

Die Handlung ist lose und setzt sich aus einer Vielzahl visuell einprägsamer, oft traumartiger Szenen zusammen. Mal nehmen wir in der Rolle des Vaters an Therapien mit der Tochter teil, mal tauchen wir in Erinnerungsfetzen ein. Wir erleben eine Schlittenfahrt, den Sturz aus einem Flugzeug, eine Wüstenlandschaft. Immer wieder tauchen dieselben Motive auf, die auf geheimnisvolle Weise miteinander verbunden sind.

Emperor hat einen markanten visuellen Stil, der Orte und Situationen als monochrome räumliche Zeichnungen wiedergibt und so vieles nur andeutet. Die Regisseure Marion Burger und Ilan J. Cohen schaffen mit dieser Optik und viel Einfallsreichtum immer wieder Szenen von großer Eindringlichkeit und Schönheit. Die Umgebungen werden in Echtzeit gerendert, sodass man sich nach Belieben physisch durch die animierten Szenen bewegen kann. Das ist aber nicht nötig: Der VR-Film ist für das Erleben im Sitzen konzipiert.

Emperor ist interaktiv und setzt auf einfache Interaktionen mit den Händen (vorzugsweise mit Handtracking). Um die Geschichte voranzutreiben, muss man teils auf Türen und Orte zeigen, teils Gegenstände aufheben oder auf andere Weise mit ihnen interagieren. In einer Szene sitzt man mit der Tochter am Tisch und soll ein Wort vervollständigen, indem man mit dem Finger Buchstaben zeichnet, was der VR-Film absichtlich erschwert. Mit solchen und anderen Mitteln, die hier nicht verraten werden sollen, macht der VR-Film die Sprachstörung des Vaters erfahrbar.

Emperor ist ein sehr persönlicher Film. Er zeigt nicht das reale Leben eines an Aphasie leidenden Menschen. Er ist vielmehr die einfühlsame künstlerische Verarbeitung einer neuronalen Störung und eines Traumas, das entsteht, wenn man einen geliebten Menschen verliert oder wesentliche Teile dessen, was diesen Menschen ausgemacht hat. Emperor würdigt die Zerbrechlichkeit des Lebens und die emotionale Bindung zwischen Menschen.

Die Welten, in die wir mit Virtual Reality eintauchen, umgeben uns vollständig und können uns daher kognitiv überwältigen. Dieser Umstand und die Art und Weise, wie Emperor seine Geschichte erzählt wird, haben mich sehr betroffen gemacht.

Dieser Beitrag erschien am 11. September 2024 bei MIXED.