Waldszenen gehören zu den anspruchsvollsten Aufgaben moderner Computergrafik. Schließlich gilt es, Millionen von Ästen, Steinen, Blättern und ein äußerst komplexes Spiel von Licht und Schatten zu rendern.
Oniri Forest bekommt das beeindruckend gut hin, ohne dass ein externer Rechner benötigt wird. Die Simulation läuft auf einem autarken Headset. Als ich die Techdemo mit Meta Quest 3 startete, war ich ziemlich baff. Ich stand auf einem Waldweg, umgeben von realistischen gerenderten Bäumen, Sträuchern und Farnen. Die Szene wirkt nicht wie ein Computerspiel, sondern als hätte jemand einen existierenden Ort detailgetreu eingefangen. Ich habe schon viele Fotogrammetrie-Umgebungen in VR besucht, aber Oniri Forest mit seiner dichten Vegetation sprengt das bislang Gesehene.
Der Wald von Oniri Forest ist keine 360-Grad-Tapete: Ich kann meine Perspektive verändern und die Umgebung wird korrekt gerendert. Zumindest innerhalb einer etwa ein Kubikmeter großen „Ansichtsbox“. Trete ich physisch aus dieser heraus und entferne mich von ihr, verliert der Wald an Detailtreue und es treten Verzerrungen auf. Das ist die größte Einschränkung der VR-App, die eine solche Grafik überhaupt erst ermöglicht.
Die Umgebung von Oniri Forest bietet mehr als ein Dutzend solcher Ansichtsboxen und die VR-App möchte, dass man sich von Box zu Box teleportiert. Freie Fortbewegung wie einem Computerspiel ist nicht vorgesehen. Der Waldweg führt auf eine Lichtung zu einer Cyberpunk-Bar und einem schwebenden Auto, das aus Blade Runner stammen könnte. Leider kann ich diesen Schauplatz nicht aus der Nähe bewundern.
Oniri Forest ist eine Techdemo des Start-ups Oneiros, das für Unternehmenskunden aufwendige 3D-Szenen in leicht zu rendernde Umgebungen für autarke VR-Headsets und das Web konvertiert. Oneiros sieht eine breite Palette möglicher Anwendungen für die hauseigene Technologie: Architektur und Immobilienbranche, Ausstellungen, Bildung und Training, Spiele und Konzerte.
Oneiros verrät nicht, welche Tricks zur Anwendung kommen, aber ich tippe auf ein Renderverfahren, das von Google Seurat inspiriert ist. Diese Technik wurde 2017 für mobile VR-Headsets vorgestellt und ist seit 2018 Open Source. Seurat ermöglicht das Rendering äußerst realistischer Szenen auf leistungsschwachen Systemen, indem es die Szenen auf bestimmte Perspektiven einschränkt. Das Funktionsprinzip ist in obigem Video veranschaulicht.
Oniri Forest ist trotz dieser Einschränkung absolut sehenswert und ich hoffe, dass sie zugrundeliegende Technologie in dafür geeigneten VR-Apps, etwa für virtuelle Reisen, Einzug findet.
Dieser Beitrag erschien am 1. März 2024 bei MIXED.