In der Anfang des Jahres veröffentlichten VR-App „Freedom Locomotion VR“ können VR-Nutzer unterschiedliche Arten künstlicher Fortbewegung ausprobieren. Ich habe mich nur eine Stunde in der virtuellen Trainingshalle des Programms aufgehalten. Denn Freedom Locomotion VR ist eher Lernumgebung als Spiel. Hier lernt man zum einen eine Reihe virtueller Fortbewegungsarten, zum anderen sich selbst kennen, das heißt: wie man sich in der Virtual Reality fortbewegen möchte. Und wie das beim Lernen halt so ist, ist dieser Prozess kein Selbstläufer.
Von Beginn weg fühlte ich mich erschlagen von den Möglichkeiten und Einstellungen, die das Programm bietet. Ich kam mir wie ein Kleinkind vor, das das Gehen lernen muss. Also studierte ich die Erklärungen und begann zu experimentieren. Nach einer halben Stunde hatte ich eine Vorstellung davon, auf welche Weise ich mich durch VR bewegen möchte. Hierfür griff ich nicht auf eine, sondern gleich auf mehrere Fortbewegungstechniken zurück, die ich mittels Regler an meine eigenen Bedürfnisse feinangepasst habe.
Beim Ausprobieren kam mir der Gedanke, dass die Fortbewegung in Virtual Reality vielleicht etwas sein könnte, das nicht vom Medium an einen VR-Nutzer herangetragen wird, sondern vielmehr etwas, das gelernt sein will. So wie das Essen mit Besteck, das Schreiben und Lesen oder das Bedienen eines Computers mit Maus und Tastatur. So gesehen wäre die sachgemäße Interaktion mit Virtual Reality, zu der auch die künstliche Fortbewegung gehört, nichts anderes als eine Kulturtechnik.
Wer mit einer Spielkonsole aufgewachsen ist, vergisst leicht, wie komplex die Steuerung moderner Spiele ist. Die Probe aufs Exempel machen kann man, indem man einem Laien ein Gamepad in die Hand drückt. Er wird von den zahlreichen Knöpfen und dem, was auf dem Bildschirm vor sich geht, mit Sicherheit überfordert sein. Weshalb sollte Virtual Reality eine Ausnahme sein, etwas, das einem in den Schoß fällt?
Wenn der Umgang mit Virtual Reality etwas ist, dass man sich aneignen kann, so gilt das vielleicht auch für künstliche Fortbewegung. Heutzutage entscheiden meistens VR-Entwickler und nicht die Spieler, auf welche Weise man sich durch eine virtuelle Welt bewegt. Wahrscheinlich ist das in dieser frühen Phase des Mediums das beste Vorgehen.
Aber zugleich kann man beobachten, dass einige Spiele die Möglichkeit bieten, zwischen unterschiedlichen Fortbewegungsarten zu wählen oder zumindest Anpassungen vorzunehmen. Diese Entwickler denken offenbar, dass der durchschnittliche VR-Nutzer einen gewissen Grad an Erfahrung und Wissen erreicht hat, um solche Entscheidungen für sich selbst treffen zu können.
Auch wenn dem nicht so sein sollte, so zeigt das Beispiel doch, dass der Umgang mit Virtual Reality bereits heute tiefere Kenntnisse voraussetzt. Die Interaktionen dürften eines Tages weitaus komplexer sein als bei einem Konsolenspiel. So gesehen wird Virtual Reality viel Zeit brauchen. Zeit, um diese Komplexität hervorzubringen und noch mehr Zeit, um die Menschen an sie zu heranzuführen.
Was, wenn das Problem der künstlichen Fortbewegung in Virtual Reality nicht per se ein Problem des Mediums ist, sondern vor allem ein Problem unseres Umgangs mit ihr? Hinzu kommt, dass die Art und Weise dieses Umgangs nicht in Stein gemeißelt ist, sondern eine Geschichte hat. Diese nehmen wir deshalb noch nicht als Geschichte wahr, weil sie gerade erst begonnen hat. Was Virtual Reality betrifft, beginnen wir gerade erst damit, zu lernen, was wir alles lernen müssen.
Dieser Beitrag erschien am 27. März 2017 bei MIXED und wurde für dieses Blog überarbeitet.