Weshalb ich das Problem der künstlichen Fortbewegung als gelöst ansehe

Es ist ein sonderbarer Widerspruch: Virtual Reality ist wie kein anderes Medium dazu in der Lage, den Raum erfahrbar zu machen. Zugleich schränkt sie die natürliche Fortbewegung in diesem Raum stark ein.

Im Gegensatz zum physischen Raum kennt der virtuelle keine Grenzen: Bewegt man sich in ersterem fort, stößt man früher oder später entweder gegen eine Wand oder an die Grenzen des Trackingbereichs. Um dieses Problem zu umgehen, greifen Entwickler auf künstliche Fortbewegung zurück: Man bewegt seinen virtuellen Körper per Knopfdruck fort, während man sich mit dem physischen Körper nicht von der Stelle bewegt, so wie es bei Monitorspielen gang und gäbe ist. Das Problem ist, dass künstliche Fortbewegung in der Virtual Reality vielen Menschen auf den Magen schlägt.

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Der alte Traum vom Erkunden virtueller Welten. Mit Virtual Reality könnte er Wirklichkeit werden. | Bild: Screenshot aus Cryteks VR-Spiel Robinson: The Journrey

Diese VR-spezifische Reisekrankheit entsteht, wenn im Gehirn ein Konflikt zwischen dem, was das Auge sieht und dem, was das Innenohr spürt, auftritt. Bewegungsübelkeit ist eines der Probleme, die das neue Medium zurückhält. Mittlerweile wurden ganz unterschiedliche Ansätze entwickelt, um diesem Phänomen vorzubeugen, etwa Teleportation oder das Anordnen aller wichtigen Spielelemente um den Anwender herum, sodass künstliche Fortbewegung überflüssig wird.

Die Frage ist, ob diese Lösungsansätze das Problem nicht eher umschiffen, anstatt es anzugehen. Ich wünsche mir nämlich nichts mehr, als dass die Virtual Reality eine ganz bestimmte Erfahrung reproduziert, die ich aus dem meinem Leben, aber auch von explorativen Monitorspielen kenne: die Erfahrung, mit dem Körper Räume zu durchschreiten. Wenn man sich teleportiert, kommt diese Erfahrung nur bedingt auf und wenn man nur mit der unmittelbaren Umgebung interagiert – nun, dann bewegt man sich nicht.

Eine dritte Form von Lösung sind Laufmaschinen. Die sind zu teuer und zu sperrig, um größere Akzeptanz zu finden. Wenn sie denn überhaupt in der Lage sind, dem Spieler wirklich glaubhaft zu machen, dass er sich in der Virtual Reality bewegt. In dieselbe Kategorie fallen verschiedene Experimente, sich durch Laufen auf der Stelle oder durch Schwingen der Arme fortzubewegen.

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Budget Cuts macht Teleportation zum zentralen Element der Spielmechanik. | Bild: Neat Corporation

Diese Lösungsansätze haben mehrere Vorteile: Sie werden zum einen als besonders immersiv empfunden, weil sie reale Bewegungen in virtuelle übersetzen, zum anderen schlagen sie Spielern nicht auf den Magen. Dies deshalb, weil die sinnlichen Reize der Augen und des vestibulären Systems übereinstimmen. Allerdings stellt sich die Frage, wer am Ende eines Arbeitstages noch willens ist, sich in großem Stil körperlich zu betätigen, um von Punkt A über Punkt B nach Punkt C zu kommen.

Bislang gibt es kein Patentrezept für das Problem der Fortbewegung in der Virtual Reality. Und dennoch sehe ich es für mich als weitgehend gelöst an. Diese Einsicht hatte ich, als ich kürzlich wieder einmal „Robinson: The Journey“ spielte.

Das Spiel weist auf vielen Ebenen seines Designs Mängel auf. Dennoch bin ich gerne nach Tyson III zurückgekehrt. Der schönen Grafik allein kann es nicht geschuldet sein. Der Grund war einer anderer: Das Spiel reproduzierte für mich in genau jene Erfahrung, sich auf eine natürlich erscheinende Art und Weise durch eine künstliche Welt zu bewegen – ohne gravierende Einschränkungen und vor allem ohne Übelkeit.

Zum ersten Mal hatte ich annähernd das Gefühl, mich in der Virtual Reality so frei bewegen zu können wie in Monitorspielen. Natürlich gibt es auch bei Robinson nach wie vor Einschränkungen: Man kann nicht rennen und dreht sich in Schritten von 30 Grad um die eigene Achse. Aber diese Drehung geht so schnell vonstatten, dass ich sie nach einer Weile nicht mehr als störend empfand.

Crytek hat ohne Zweifel viel Zeit damit zugebracht, an den Parametern der künstlichen Fortbewegung zu schrauben und hierbei eine goldene Mitte gefunden zwischen Maßnahmen, die der Eindämmung von Bewegungsübelkeit dienen und dem Gebot, dem Spieler soviel Bewegungsfreiheit wie möglich zu lassen.

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In „Job Simulator“ interagiert man mit der unmittelbaren Umgebung statt Welten zu erkunden. | Bild: Owlchemy Labs

Damit hat Crytek für mich eine stille Revolution in Gang gesetzt und den Beweis erbracht, dass man explorative Monitorspiele für die Virtual Reality zugänglich machen kann. Ich habe infolgedessen viele Stunden in Robinson verbracht, was für mich bei VR-Spielen eher eine Seltenheit ist.

Hier kann man den Einwand bringen, dass ich wahrscheinlich weniger anfällig bin für Bewegungsübelkeit. Dieses Jahr dürfte sich auf jeden Fall zeigen, ob diese Art von künstlicher Fortbewegung auf breiter Basis akzeptiert wird oder nicht. Resident Evil 7 erscheint im Januar und Bethesda könnte Fallout 4 noch dieses Jahr herausbringen. Man darf gespannt sein, wieviele Menschen nach der Veröffentlichung über Bewegungsübelkeit klagen. Auf jeden Fall sollte man es selbst ausprobieren und sich dabei auch Zeit lassen.

Ich möchte im Übrigen keineswegs behaupten, dass es nur diese Art von VR-Spielen geben sollte. Ich finde ebenso Gefallen an vielen anderen Spielkonzepten, die eigens und von Grund auf für die Virtual Reality entwickelt wurden, darunter auch solche, die die Welt nicht aus der Blickperspektive eines Protagonisten zeigen oder keine Fortbewegung im Raum erfordern.

Der Reiz von Spielen wie Robinson: The Journey, die an der künstlichen Fortbewegung festhalten, besteht für mich darin, dass sie eine Brücke zwischen Monitorspielen und der Virtual Reality schlagen und damit zum ersten Mal eine Erfahrung möglich machen, von der ich seit meinem ersten Computerspielerlebnis träume.

Dieser Beitrag erschien am 02. Januar 2017 bei MIXED und wurde für dieses Blog überarbeitet.